In der Nacht auf den 6. Februar 2023 erschütterte ein Beben der Stärke 7,8 den Südosten der Türkei und Westen Syriens, bei dem über 56.000 Menschen starben. In den Wochen danach folgten Tausende weitere Beben, mehr als zwei Millionen Menschen waren obdachlos, traumatisiert und lebten bei Minusgraden in ihren Autos oder auf der Straße. »In dieser Situation nichts zu tun, war keine Option«, sagt Sevim Yüzgülen, Mitglied des Marburger Magistrats. Die Provinz Hatay, aus der Familie Yüzgülen stammt und auch noch Verwandtschaft hat, war nahezu vollständig zerstört. Aus dieser Not heraus wurde der Verein »Erdbebenhilfe Antiochia Hatay« gegründet, der kurz darauf mit Lebensmitteln und Zelten erste Hilfe für die Menschen vor Ort leistete.
Region wieder zu einem Zuhause machen
Auch mittel- und langfristig möchte der Verein materielle und ideelle Unterstützung leisten. »Unser Ziel ist es, die Region wieder zu einem lebenswerten Zuhause für ihre Bewohner zu machen«, erläutert Fikret Yüzgülen, Kinderarzt in Kirchhain und Stadtallendorf.
Da bei der Umsetzung dieses Wunsches bis heute jedoch kaum mit staatlicher Unterstützung durch die Türkei zu rechnen ist, war der Verein von Beginn an auf engagierte Helferinnen und Helfer angewiesen. Und die gab es bald aus vielen verschiedenen Richtungen - so auch vom Soroptimist-Club Marburg.
Bildung als besonderer Fokus
»Soroptimist International (SI) ist eines der weltweit größten Netzwerke berufstätiger Frauen mit gesellschaftspolitischem Engagement. Unter dem Motto ›Bewusst machen - Bekennen - Bewegen‹ setzen wir uns vorrangig für die Interessen von Frauen, Mädchen und Kindern ein. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Thema Bildung«, erklärt Christiane Konnertz, die aktuelle Präsidentin des Marburger Clubs.
Für die 18 Frauen des Clubs stand schnell fest, dass sie den Verein »Erdbebenhilfe Antiochia Hatay« gezielt bei der Beschaffung von Schulmaterialien und Tablets für Schüler unterstützen wollten. Gespendet wurde dazu unter anderem der Erlös aus dem Verkauf von Kaffee, Kuchen und Erdbeerbowle auf den beiden Pflanzenmärkten im Mai und September im Botanischen Garten.
Aufgestockt wurde die Spende schließlich auf insgesamt über 73.000 Euro aus dem Hilfsfonds von SI Deutschland. Diese große Summe ermöglichte im April eine erste »Schuleröffnung« in der Stadt Antakya sowie in Folge die Ausstattung weiterer Klassen an anderen »Schulen« mit Lernmaterialien und technischen Geräten.
Perspektive bieten
Zahlreiche Kinder und Jugendliche konnten so bei der wichtigen Wiederaufnahme ihrer schulischen Ausbildung sowie Vorbereitung auf anstehende Schulabschluss- oder Aufnahmeprüfungen für Universitäten unterstützt werden.
»Damit dieses wertvolle Bildungsprojekt sowie andere notwendige Hilfen weiter ausgebaut werden können, ist der Verein auch in Zukunft auf Spenden angewiesen. Den Menschen der Erdbebenregion steht der zweite Winter bevor und es werden weiterhin Unterkünfte, Schutzräume für Frauen und Kinder sowie medizinische Hilfen benötigt«, so Christiane Konnertz.
