06. Mai 2023, 13:00 Uhr

Marburg

Marburger forscht an Solarenergie der Zukunft

An Solarzellen der Zukunft forschen Physiker Christoph Goldschmidt und sein Team an der Marburger Philipps-Universität.
06. Mai 2023, 13:00 Uhr
Auf dem Dach der Marburger Physik will Jan Christoph Goldschmidt in kleinen Messapparaturen neue Materialien für Solarzellen vermessen. Foto: Martin Schäfer

Vergangenes Jahr erreichte die Fotovoltaik einen wichtigen Meilenstein: Die weltweit installierte elektrische Leistung überstieg den magischen Wert von einem Terawatt. »Das entspricht ungefähr 1.000 Atomkraftwerken«, erläutert der Marburger Physiker Prof. Dr. Jan Christoph Goldschmidt.

75 Terawatt bis zum Jahr 2050 möglich

Wieviel Fotovoltaikleistung in Zukunft für einen kosteneffizienten Klimaschutz und zur Deckung der Energiebedürfnisse der Menschheit notwendig ist, hat eine internationale Forschungsgruppe im Fachmagazin »Science« vorgerechnet: Bis zum Jahr 2050 könnten 75 Terawatt installiert sein.

»Die Fotovoltaik leistet dann den größten Beitrag zur Energieversorgung und um den Klimawandel einzudämmen«, sagt Co-Autor Goldschmidt. Eine Herausforderung, die sein Team und er identifiziert haben, ist, langfristig die Energieausbeute zu erhöhen und zum anderen den Ressourcen- wie auch den Energieverbrauch bei der Produktion von Solarzellen weiter zu reduzieren.

Klassische Solarzelle beschränkt

Wie eine solche Solarzelle der Zukunft aussehen kann, daran forschen Christoph Goldschmidt und sein Team in der Marburger Physik. Klassische Solarzellen funktionieren auf Siliziumbasis. Deren Energieausbeute - Fachleute sprechen von Wirkungsgrad - ist physikalisch bedingt auf 29 Prozent beschränkt. Für höhere Wirkungsgrade sind daher andere Materialien, Materialkombinationen sowie Konstruktionen gefordert.

»Die Idee ist hier, zwei verschiedene Solarzellen übereinander zu stapeln«, sagt Goldschmidt. Bei diesen Tandem-Solarzellen wandelt eine klassische Siliziumzelle das langwellige Licht in elektrische Energie um. Der kurzwelligere, sichtbare Anteil, der sonst nicht besonders effizient genutzt wird, wird dagegen in einer zweiten Materialschicht in Strom umgewandelt.

Verbrauch und Ressourcen reduzieren

Besonders geeignet ist hierfür Perowskit, eine Kristallstruktur, die erst seit rund zehn Jahren für Fotovoltaikanwendungen erforscht wird.

Beim Ressourceneinsatz wollen die Forscher an mehreren Stellschrauben drehen. Wurde bereits von 2000 bis 2022 die Siliziummenge pro Megawatt Leistung von 14 auf 2 bis 3 Tonnen reduziert, so dürfte sich das mit noch dünneren Siliziumscheiben weiter verringern.

Da Silizium im Herstellungsprozess die größte Energiemenge verbraucht, wollen die Forscher gar komplett auf dieses verzichten. »Ins Spiel kommen Tandem-Zellen aus zwei verschiedenen Perowskit-Schichten, die wir bald herstellen wollen«, sagt Goldschmidt. Außerdem sollen auch seltene und teure Materialien wie Silber für die elektrische Kontaktierung weiter verringert und durch Kupfer, Aluminium oder sogar aus Pflanzenreststoffen erzeugtem Kohlenstoff ersetzt werden. Das setzt detaillierte Forschung voraus, die der Marburger Physiker bald im neuen Labors anstoßen will.

Goldschmidt ist sich sicher, dass in den Tandem-Perowskit-Zellen enormes Potenzial steckt, um den Energiebedarf umwelt- und klimaschonend decken zu können. »Jedes Zehntel Grad Celsius weniger Klimaerwärmung zählt«, sagt Goldschmidt. Ein schneller Ausbau der Fotovoltaik auf Basis der aktuellen Technologie jetzt und die langfristige Entwicklung einer effizienteren und ressourcenschonenden Technik spielt dabei nach Ansicht des Fachmanns die größte Rolle.

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