30. Mai 2022, 13:00 Uhr

Marburg

Kinder zeigen bunte Zukunftsvisionen im Rathaus

Wie sehen junge Menschen aus Marburg ihre Stadt? Wie soll die Gesellschaft sein und welches Bild die Stadt von sich haben? Das haben Kinder und Jugendliche großformatig auf Leinwand gebracht.
30. Mai 2022, 13:00 Uhr
Ein Kunstwerk von Marburger Kindern und Jugendlichen prägt in leuchtenden Farben ein paar Wochen lang den Historischen Saal im Rathaus. Damit haben die jungen Künstler und Künstlerinnen eine breite Diskussion über das dann verhängte Kunstwerk von Carl Bantzer und über den Umgang mit Kunst und Geschichte angestoßen. Foto: Patricia Grähling/Stadt Marburg

Die Zukunftsvision ist aktuell der Hingucker im Historischen Rathaussaal. Mit dem Kunstprojekt im Rahmen des Stadtjubiläums Marburg800 wird das Gemälde »Der Lauf des Lebens« von Carl Bantzer für sechs Wochen verhüllt - was bereits im Vorfeld eine enorme Diskussion in der Stadtgesellschaft über Geschichte und das Selbstbild Marburgs ausgelöst hat.

Was zu sehen ist

Unterschiedliche Menschen in farbenfroher Kleidung, fröhlich, strahlend und gemeinsam, inmitten von Schmetterlingen, Blumen und Musik - wer genau hinschaut, entdeckt einen exotischen Vogel, Häuser mit begrünten Dächern, einen Roboter, Mobilität der Zukunft und eine strahlende Regenbogenfahne, die vom Dach des Rasthauses bis in die Gemeinschaft weht.

Das Bild, das 18 Kinder und Jugendliche mit den Künstlerinnen Maria Pohland und Randi Grundke geschaffen haben, bietet vielfältige und besondere Details zum Entdecken. Es zeigt, wie die jungen Menschen ihr Marburg sehen - und wie sie sich die Zukunft der Stadt wünschen: bunt, vielfältig, modern und im Einklang mit der Natur.

Hintergrund der Idee

Die Künstlerinnen hatten sich gewünscht, mit dem Projekt eine Diskussion über ein ganz besonderes Kunstwerk an einem ganz besonderen Ort in der Stadt auszulösen: Im Historischen Rathaussaal hängt seit 1930 »Der Lauf des Lebens« von Carl Bantzer - eine Auftragsarbeit des damaligen Magistrats.

Bantzers Gemälde zeigt das Selbstbildnis, das die damaligen Stadtoberen von Marburg präsentieren wollten. Seither dominiert das Bild den repräsentativen Raum der Stadt, der nur für besondere Gelegenheiten geöffnet wird.

Die Künstlerinnen kamen mit ihrer Idee auf Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies zu, das frühere Selbstbildnis der Stadt mit dem der Zukunft ins Verhältnis zu setzen - durch die Augen von Kindern und Jugendlichen. Die Stadtspitze stimmte zu dem Kunstprojekt eine besondere Aufmerksamkeit zukommen zu lassen.

Viele Meinungen gehört

»Wir haben dann auch eine spannende Diskussion zu dieser Aktion erlebt. Das hat mich sehr gefreut, denn es zeigt, wie wichtig Menschen die Kunst nehmen, wie breit die Interpretationen sind und wie die Kunst geeignet ist, uns zu Gedanken über unser Selbstverständnis anzuregen«, sagt Oberbürgermeister.

Spies dankte den Beteiligten - vor allem den Kindern und Jugendlichen: Alexander (14), Aurelie (12), Clara (13), David (8), Emmi (10), Jesper (10), Jona (11), Karim (11), Leandra (10), Larissa (8), Laurin (12), Mathieu (11), Maria (8), Max (11), Paulina (12), Rebekka (10), Salome (12) und Sevda (21).

»Das verhüllte Bild ist keine historische Tapete, die allein nach ihrem Denkmalwert betrachtet werden darf«, betont das Stadtoberhaupt. »Kunst ist nie nur Schmuck. Sie ist immer Ausdruck und manchmal Reflektion ihrer Zeit.« Carl Bantzer sei einer der bedeutendsten Maler im frühen 20. Jahrhundert gewesen. »Es war immer ein politisches Bild, mit dem die Mehrheit der 20er-Jahre damals in Marburg ihr Selbstverständnis als Stadt dokumentierte.«

Oberbürgermeister Spies betonte auch, dass Bantzers Werk weder beseitigt oder übermalt werde. Es werde nun für sechs Wochen mit dem neuen Bild der jungen Künstler und Künstlerinnen verhüllt, die ihr Selbstverständnis der Stadt dokumentieren - eine Reproduktion des Bantzer-Bildes ist in kleinerem Format daneben platziert.

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