06. April 2023, 13:00 Uhr

Heuchelheim

Die Sache mit dem Sicherheitsabstand

Seit neun Jahren gibt es in Heuchelheim einen Radfahr-Schutzstreifen auf der Rodheimer Straße. Laut einer aktuellen Zählung verstoßen hier 94 Prozent der Autofahrer gegen den Sicherheitsabstand.
06. April 2023, 13:00 Uhr
Der Schutzstreifen verengt die Rodheimer Straße in Heuchelheim. Viele überfahren mit dem Auto die gestrichelte Linie oder überholen Radfahrer ohne Mindestabstand. Foto: ADFC

Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) Gießen hat eine Erhebung durchgeführt. Nach den Ergebnissen dieser Zählung verstoßen 94 Prozent der Autofahrer gegen die Straßenverkehrsordnung (StVO) und überfahren den Schutzstreifen ohne besonderen Grund.

ADFC hatte an einem März-Wochenende das Verhalten von 200 Autofahrern auf der Rodheimer Straße beobachtet. 94 Prozent fuhren dauerhaft oder über längere Teilstrecken mit zwei Rädern auf dem markierten Rad-Schutzstreifen, der eigentlich für Radfahrer reserviert ist. Der Fahrradclub ist angesichts dieser hohen Quote alarmiert: Bei seiner ersten Zählung im Jahr 2017 hielten sich zumindest noch 38 Prozent der Autofahrer an die Vorgabe, den Schutzstreifen nicht zu überfahren - jetzt sind es nur noch sechs Prozent.

Überfahren der Markierung verboten

»Grundsätzlich ist das Überfahren der weißen Markierung verboten, auch wenn sie gestrichelt ist«, erläutert ADFC-Vorstandsmitglied Jan Fleischhauer. »Nur im Bedarfsfall, zum Beispiel bei der Begegnung von zwei Lkw oder von Lkw und Pkw, darf der Streifen kurzzeitig befahren werden, wenn die übrige Fahrbahn zu schmal ist und zu dem Zeitpunkt niemand per Rad auf dem Streifen unterwegs ist.«

Auch beim Überholen von Radfahrern sieht der ADFC Verbesserungsbedarf: Viele Autofahrende scheinen die Begrenzungslinie des Schutzstreifens als Fahrbahnrand aufzufassen und meinen, auch bei Gegenverkehr einfach überholen zu können, so lange sie links der gestrichelten Linie bleiben. Laut StVO müssen Pkw beim Überholen von Radfahrern innerorts einen Sicherheitsabstand von mindestens 1,5 Metern einhalten - außerorts sind es zwei Meter. »Wenn dieser Abstand bei Gegenverkehr nicht eingehalten werden kann, muss ich im Auto mit dem Überholen warten, bis kein Gegenverkehr mehr kommt«, so Fleischhauer.

Im Vergleich zu 2017 konnte der ADFC in diesem Jahr beim Überholabstand eine Verbesserung erkennen: So gab es deutlich mehr Autofahrer, die so lange hinter den Radfahrern blieben, bis kein Gegenverkehr mehr kam und die dann erst mit großem Abstand über die Gegenfahrbahn überholten, so wie es auch vorgeschrieben ist.

Viele Verstöße nicht aus böser Absicht

Nach Ansicht des ADFC geschehen die vielen Verstöße der Autofahrer beim Überfahren von Schutzstreifen oft aus Unwissenheit und nicht aus böser Absicht. »Viele Autofahrer haben ihren Führerschein zu einer Zeit gemacht, als es noch keine Schutzstreifen gab.« Hinzu komme, dass Schutzstreifen zwar schon seit 25 Jahren in der StVO vorkommen, im Landkreis bisher aber nur in Gießen und Heuchelheim verwendet werden.

Oft wird sich daher am falschen Verhalten der übrigen Autofahrern orientiert und wenn der Gegenverkehr zu weit links fährt, werden Autofahrer auf den Schutzstreifen abgedrängt. Aus Sicht des ADFC kann daher nur eine Mischung aus Aufklärung und Kontrollen eine Verbesserung bringen.

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