20. September 2021, 13:00 Uhr

Dillenburg

Die erste Bundestagswahl

Sascha Ernst und Marlies Repp - zwei Menschen von bundesweit 85.000, die in diesem Jahr erstmals bei der Bundestagswahl stimmberechtigt sind.
20. September 2021, 13:00 Uhr
Sascha Ernst (l.) hat klare Meinungen zu politischen Themen. Gemeinsam mit seinem Gruppenleiter Johannes Krauss klickt er sich durch den Wahl-O-Maten. Foto: Holtfoth/Lebenshilfe

Fragen über Fragen tauchen auf - 38 Fragen, um genau zu sein. Mietbremse. Steuern. Impfpatente. Kohleausstieg. Werkstatt-Gruppenleiter Johannes Krauss geht sie Schritt für Schritt mit seinem Betreuten Sascha Ernst am Wahl-O-Maten durch. Erklärt, wenn Formulierungen zu kompliziert sind. Politik interessiert den 45-jährigen Werkstattbeschäftigten. »Jeden Tag schaue ich Nachrichten, da kriege ich viel mit«, sagt er. Wen er wählen will, weiß er noch nicht. »Oft kommt bei Politik am Ende ja das Gleiche heraus.«

Seit zwei Jahren ist Wählen möglich

Doch seine Stimme zählt am 26. September. Nach vielen Jahren (bis 2019), in denen Menschen mit Behinderungen kein Kreuz setzen durften. Ausschlusskriterium war bis dahin die umfassende Betreuung in allen Lebenslagen. Nun ist es ihnen durch die Gesetzesänderung möglich - bei Bedarf mit Unterstützung einer Wahlassistenz. Eine Wahlassistenz braucht der Werkstattbeschäftigte nicht, aber Entscheidungshilfe. Daher klickt er sich durch den Wahl-O-Maten.

Keine Unterschiede machen

Klare Meinungen hat er zu allen Themen. Etwa: »Parteien sollen keine Spenden erhalten. Da sollte lieber mal mehr an die Lebenshilfe gespendet werden.« Eine Sache ist ihm besonders wichtig: »Gleichheit. Dass keine Unterschiede zwischen den Menschen gemacht werden. Das habe ich von meinem Vater gelernt.«

Ernst ist in diesem Jahr im Wahlvorstand zur Wahl des Werkstattrats tätig, in dem er selbst über viele Jahre hinweg aktiv war. Auf viele Jahre im Werkstattrat blickt auch Marlies Repp zurück. Die 61-Jährige ist seit 2011 Mitglied dieses Gremiums, zieht sich aber in diesem Jahr zurück. Die Aufgabe lag ihr stets sehr am Herzen: »Ich habe mich immer schon gern für Menschen und ihre Anliegen eingesetzt.«

Dass Menschen mit Behinderung nicht wahlberechtigt waren, kann sie nicht nachvollziehen. »Ich finde es schade, dass Menschen wie ich vorher nicht berücksichtigt wurden.« Was sie sich von Politik und Gesellschaft wünscht: »Menschen mit Behinderung müssen mehr wahrgenommen und eingebunden werden.« Ein wichtiges Anliegen ist ihr die Barrierefreiheit - sowohl sprachlich als auch baulich. Darüber hinaus interessiert sie sich sehr dafür, »wie es nach der Wahl in Sachen Rente, Mehrwertsteuer und Arbeitslosengeld weitergeht«.

Ihr Kreuzchen hat sie bereits gesetzt - per Briefwahl. »Natürlich wähle ich. Denn jede Stimme ist wichtig.«

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