15. Juli 2023, 13:00 Uhr

Linden

»Das Ziel muss immer der Mensch sein«

Er ist seit mehr als drei Jahrzehnten in Krisengebieten rund um den Globus unterwegs, um Menschen zu helfen: Klaus Dewald, Leiter des Gießener Hilfswerks GAiN.
15. Juli 2023, 13:00 Uhr
Seit mehr als drei Jahrzehnten im humanitären Einsatz: Klaus Dewald. Foto: Claudia Dewald

Der Titel seiner kürzlich erschienenen Biografie fasst Klaus Dewalds Wirken prägnant in drei Stichworten zusammen: »Ein Mann. Ein Leben. Ein Auftrag.«

Der Untertitel verrät, worum es in der 302-Seiten-Lektüre geht: »Mit Gott in die gefährlichsten und ärmsten Länder der Welt«. Was man dabei so erlebt, verriet Klaus Dewald bei einer Lesung mit Interview in der Evangelischen Christusgemeinde in Linden. Mit Hilfe von Lektor und Journalist Hauke Burgarth aus Pohlheim wurden die Erlebnisse und Erinnerungen Dewalds zu Papier gebracht. »Ich habe das Buch in einem Rutsch durchgelesen«, verrät Michael Mogel, der mit seiner Frau Barbara den Abend moderiert.

Nicht mit »Matchbox-Autos« in Gebiete

Der Lkw ist schon immer Dewalds zweites Zuhause. Der mittlerweile 58-Jährige war schon in jungen Jahren Fuhrparkleiter eines Logistikunternehmens. Noch zu Zeiten der ehemaligen Sowjetunion unter Michail Gorbatschow ging es mit studentischen Hilfstransporten Richtung Russland los und Anfang der 1990er-Jahre mit der Aktion Hungerwinter weiter. Klaus Dewald warnte schon damals davor, den Trip hinter den »eisernen Vorhang« im Ostblock nicht mit »Matchbox-Autos« wie VW Bussen zu starten. Seine eigene Motivation beschreibt er rückblickend als damals 25-Jähriger eher mit »reiner Abenteuerlust«. Sein Glauben und die Hilfe für Notleidende spielten zu diesem Zeitpunkt noch eine untergeordnete Rolle.

»Nicht viel labern, sondern tun« - diesem Leitmotto hat sich Dewald ganz verschrieben hat. Die humanitäre Hilfe wurde im Laufe der Jahrzehnte unter dem Namen Global Aid Network (GAiN) zu einem weltweit vernetzten Hilfswerk mit Sitz in Gießen ausgebaut. »Katastrophengebiete gibt es genug auf der Welt. Da lassen wir uns auch von Gott inspirieren, wo wir helfen sollen«, bringt Dewald den christlichen Glauben mit ins Spiel. Keine Frage sei es gewesen, aktuell der Ukraine mit Hilfsgütern jeglicher Art zu helfen.

Dass dieser Einsatz auch ein Risiko für Leib und Leben sein kann, damit konfrontiert Klaus Dewald die Helfercrew immer wieder »knallhart«, wie er es formuliert. »Es kann sein, dass du nicht wieder zurückkommst. Mach’ schon mal dein Testament«, rät er so manchen Einsatzkräften des Hilfswerks. Denn er könne »nicht garantieren, dass nichts passiert«.

Der Unfalltod zweier enger Mitarbeiter und Freunde hätte ihn einmal beinahe zum Aufhören gebracht. »Ich wollte nicht mehr. Und dann habe ich Gott ein Ultimatum von sieben Tagen gestellt und ihm drei Bedingungen fürs Weitermachen genannt. Die waren so hoch angesetzt, dass sie eigentlich realistisch gesehen kaum zu erfüllen waren. Aber nach drei Tagen waren sie erfüllt.« Dewald bekommt jetzt noch feuchte Augen, wenn er davon erzählt. »Ich habe verstanden und werde deshalb diese Arbeit so lange machen, bis ich hier auf Erden die Augen zudrücke.«

Wie Zufallsbegegnungen Leben verändern

Bei der Hilfe durch GAiN soll nicht irgendein Projekt im Mittelpunkt stehen. »Das Ziel muss immer der Mensch sein«, bringt es Dewald auf den Punkt. Wie sich durch Zufallsbegegnungen mit Einzelpersonen Schicksale langfristig verändern, dazu liest Hauke Burgarth beispielsweise aus einem Kapitel über ein armenisches Blumenmädchen und dessen in ärmlichen Verhältnissen lebende Familie. Die konkrete Unterstützung für sie verändert ihre Lebensumstände nachhaltig und zeigt neue Perspektiven auf.

GAiN verstehe sich als Hilfswerk, in dem jeder mitmachen könne, zu jeder Zeit - ob als Päckchen-Packer, Lkw-Reparierer, Fahrer, sagt Dewald. Er werde oft gefragt, ob die Hilfe auch ankomme. Dann entgegnet er: »Komm doch mit, dann siehst du’s!« (hä)

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