07. November 2021, 13:00 Uhr

Wetzlar

»Bunte Stühle« setzen sichtbare Zeichen

»Gegen Rassismus - Für Vielfalt - Mach mit« war das Motto einer Aktion der Stadt Wetzlar und der des Programms »Vielfaltsgestalter« der Robert-Bosch-Stiftung.
07. November 2021, 13:00 Uhr
Murat Kaya ist beeindruckt von den »Bunten Stühlen« im Haus der Kirche und Diakonie und unterstützt die Aktion. Foto: privat

Das Motto passt zu den »Internationalen Wochen gegen Rassismus« und wurde als Impuls genutzt zur Aktion »Bunte Stühle gegen Rassismus«.

Als Eye-Catcher fanden so 80 bunte Stühle verteilt in der Stadt Wetzlar an prägnanten Stellen wie Bushaltestellen der Linien 11 und 12, Einkaufsstraßen, in Fußgängerzonen, dauerhaft im Rathaus und im Kreishaus, in Nachbarschaftszentren, in Kirche und Diakonie sowie in Schulen, koordiniert vom Freiwilligenzentrum (FWZ), ihren Platz und große Aufmerksamkeit. Finanziert konnte die Aktion werden zu gleichen Teilen vom FWZ und dem Förderprogramm »Demokratie leben«.

Vielfältige Beeiligung

18 Organisationen beteiligten sich daran: von der Kita über die Grundschule, das Jugendforum, den evangelischen Kirchenkreis an Lahn und Dill, die WALI, die Suchthilfe bis hin zur Demenz-Tagespflege der AWO - insgesamt waren 93 Personen vom Grundschul- bis ins Seniorenalter mit der einfallsreichen und ausdrucksvollen Gestaltung in Schrift und Bild beteiligt. Geleitet von Sabine Schäfer und dem Team der Kirchengemeinde Burgsolms.

Intensiv mit Them auseinandergesetzt

Vor der Gestaltung wurde sich teils mit dem Thema Alltagsrasissmus auseinandergesetzt: So beschäftigten sich Kindergartengruppen mit entsprechenden Bilderbüchern, setzten sich eben kindgerecht mit dem Thema auseinander und gestalteten dann die Stühle.

Die von der Wetzlarer Arbeitsloseninitiative betreuten Teilnehmenden produzierten spontan ein Video zum Thema Vielfalt. Die August-Bebel-Schule organisierte eine schulinterne Aktion, stellte Stühle auf dem Pausenhof auf und lud Schüler zu Gesprächen rund um Alltagsrassismus und Vielfalt ein. Andere wiederum veranstalteten Stadtralleys und machten sich auf die Suche nach Bunten Stühlen.

Tatkräftige Unterstützer

Einer der Liebhaber und Unterstützer der Aktion gegen Rassismus ist Murat Kaya, der seit 41 Jahren in Deutschland lebt und das ehemalige Café Franz an der alten Lahnbrücke betreibt. »Gemeinsam mit meiner Familie und meinen Mitarbeitern unterstütze ich die Aktion, damit sie mit diesem Motto weiterhin nicht zu übersehen ist. Auch wir als Ausländer werben bewusst dafür, dass sich andere dafür stark machen«, betont er. So hat er seinem Schwager bei dessen Restaurant »Roca« in der Frankfurter Straße von der Aktion berichtet und der hatte gleich einen besonders auffällig gestalteten Stuhl der Gruppe »Würdekompass« vor seinem Ladenlokal aufgestellt und wird immer wieder darauf positiv angesprochen.

Murat Kaya hatte auf sich schon 2020 aufmerksam gemacht, als er im Winter obdachlosen Menschen in seinem Gießener Hotel in 30 Zimmern Obdach und Verpflegung bot. Dort und in seinem neuen Wetzlarer Restaurant soll künftig immer ein solcher Anti-Rassismus-Stuhl stehen.

Keine Beschädigungen

»Kein Stuhl ist absichtlich zerstört worden, lediglich zwei Stühle fanden offenbar Liebhaber und sind spurlos verschwunden«, freut sich Karin Buchner vom FWZ. »Es gab aber einen öffentlichen Fall der Zivilcourage«, berichtet Buchner weiter. »Ein Fall von Alltagsrassismus zeigte wie präsent das Thema ist: An einem vietnamesischen Imbiss in der Bahnhofstraße wurde ein handgeschriebener Zettel mit rassistischen Aussagen und Bedrohungen angebracht. Der Inhaber wurde auch nachts verfolgt und fand eine ähnliche Bedrohung an seiner privaten Haustür. Dies wurde öffentlich gemacht und zeigte Solidarität - auch, indem ein ›bunter Stuhl‹ aufgestellt wurde.«

Große Beachtung

War die Aktion lediglich für den Zeitraum 15. bis 27. März gedacht, bleiben viele Stühle bis heute stehen. Auch in den Sozialen Medien wurden Menschen aufmerksam. Es gab Berichte im TV und die hessische Staatskanzlei zeichnete das Projekt als Wochengewinner der Aktion »Mein Ehrenamt - Mein Moment« aus. Weiterhin wurde die Aktion für den Integrationspreis 2021 des Lahn-Dill-Kreises nominiert.

Aus Deggendorf in Bayern kam die Anfrage, ob das Vorhaben kopiert werden dürfe. Auch beim Champions-Cup-Finale der Rollstuhlbasketballer war ein »bunter Stuhl« im Livestream unmittelbar hinter dem Cup zu sehen.

»Schule ohne Rassismus«

Erfreuliches konnte die Lotteschule verzeichnen: Sie hatte sich hierdurch inspiriert im Bundesprogramm »Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage« angemeldet, um sichtbar gegen Ausgrenzung und Alltagsrassismus einzutreten - und ist damit erfolgreich gewesen.

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