Etwa zwei Dutzend Schmökerfreunde kamen in die Schulbibliothek, verschafften sich Durchblick im literarischen Dickicht und hofften auf die Antwort der Frage »Was lesen wir in diesem Herbst?«.
Der Reiz der Veranstaltung liegt darin, dass die beiden routinierten und begeisterten Vielleser Nix und Eckert eine Auswahl von zwanzig Titeln vorstellen, die einerseits die Stars und Newcomer der Autorenszene im Blick behält, aber andererseits auch mit persönlicher Note auf literarische Entdeckungen hinweist.
Naturbücher und Künstlerisches
Wer Volkmar Nix als Naturfotograf und Insektenfreund kennt, wunderte sich nicht, dass in diesem Jahr gleich drei Sachbücher zum Thema auf dem Programm standen, die durch frappierende Makrofotografien und akribische, aber trotzdem gut lesbare Fachtexte überzeugten: »Stachel und Staat« von Michael Ohl (Droemer, 39,99 Euro), »Die Wildbienen Deutschlands« von Paul Westrich (Ulmer Eugen, 99 Euro) und »Das große Insektensterben« von Andreas H. Segerer und Eva Rosenkranz (Oekom, 20 Euro).
Johannes Eckerts Faible sind Bücher, die nicht nur inhaltlich, sondern auch optisch und haptisch durch gediegene, kunstvolle Gestaltung dazu verführen, darin zu blättern. Er empfahl dazu das Kunstbuch »Wicked New York« von Felix Gephart (Jacoby & Stuart, 24 Euro), welches in die von Bandenkriegen und Klassengegensätzen gebeutelte Metropole im Jahre 1863 entführt.
Empfehlenswert ist auch »Die Reise zum Mittelpunkt des Waldes« von Finn-Ole Heindrich und Rán Flygenring (Mairisch, 20 Euro). Und das dritte Bilderbuch des Abends – »Marthas Reise« von Christina Laube (Knesebeck, 25 Euro) – mit wundervollen Lasercuts (früher nannte man das Scherenschnitte) und Illustrationen von Mehrdad Zaeri.
Werke von Dillenburger Gästen
Eine persönliche Note bekam der Abend durch die vielen Neuerscheinungen von »alten Bekannten«, welche die beiden vorstellten: Judith Schalansky war 2012 zu Gast im Forum der WvO und wurde nun mit ihrer Neuerscheinung »Verzeichnis einiger Verluste« (Suhrkamp, 24 Euro) nochmal ins Gespräch gebracht.
Mechtild Borrmann hat bereits in Dillenburg gelesen und wird dies wieder am 6. Februar 2019 tun, und zwar aus ihrem neuen Roman »Grenzgänger« (Droemer, 20 Euro). Geplant ist des Weiteren eine Lesung mit Adriana Altaras; die Autorin und Schauspielerin liest aus »Die jüdische Souffleuse« (Kiepenheuer & Witsch, 20 Euro).
Vorgestellt wurde auch das neueste Werk des regelmäßigsten Lesungsgasts Stephan Thome, der es mit »Gott der Barbaren« (Suhrkamp, 25 Euro) wieder auf die Shortlist des Deutschen Buchpreises geschafft hat.
Politisches und Gesellschaftliches
Zurück aus dem historischen Genre in aktuelle politische Debatten und gesellschaftliche Probleme führten Volkmar Nix und Johannes Eckert mit einem Sachbuch und einem Zeitroman: »Factfulness« heißt die mit unerwarteten wissenschaftlichen Erkenntnissen aufwartende Publikation von Hans Rosling (Ullstein, 24 Euro), die man als absolut lesenswerten Versuch deuten könnte, in Zeiten von Fake News und Shitstorms den Leuchtturm der Aufklärung neu anzufachen. Und in seinem Debütroman »Mit der Faust in die Welt schlagen« skizziert Youngster Lukas Rietzsche der Literaturszene die provinzielle Tristesse seiner Heimatregion Oberlausitz, deren Hoffnungslosigkeit zunehmend bedrohliche Auswüchse annimmt (Ullstein, 20 Euro).
