20. Januar 2020, 11:00 Uhr

Marburg

Themenjahr zu Zeiten der Hexenverfolgung

Was geschah in Marburg zur Zeit der Hexenverfolgung? Dieser Frage widmet sich in diesem Jahr die Veranstaltungsreihe »Andersartig. Hexen.Glaube.Verfolgung.« der Stadt Marburg.
20. Januar 2020, 11:00 Uhr
Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies (3.v.r.) stellte das Hexenjahr der Stadt Marburg gemeinsam mit (v.l.) Dr. Christine Amend-Wegmann, Dr. Ronald Füssel, Dr. Elke Therre-Staal, Dr. Christoph Becker und Ruth Fischer vor. Foto: Patricia Grähling/Stadt Marburg

»Der Gedanke ist unerträglich, dass hier an diesem wichtigen demokratischen Ort - sozusagen direkt unter unseren Füßen - Menschen der Hexerei angeklagt, verhört und gefoltert wurden,« sagt Oberbürgermeister und Kulturdezernent Dr. Thomas Spies beim Blick in das Lochgefängnis im Rathaus.

Systematisch zum Tode verurteilt

Zwischen 1517 und 1712 seien systematisch der Hexerei Beschuldigte verhört, gefoltert und im Namen der damals gültigen Rechtsprechung zum Tode verurteilt worden, berichtete Historiker Dr. Ronald Füssel. Er zeigte dies anhand des dort befindlichen originalen Wandgemäldes eines Halsgerichtsprozesses von 1551. Die Universitätsstadt hatte den Historiker beauftragt, eigens für Marburg eine Studie zur Hexenverfolgung anzufertigen. Die liegt nun vor - pünktlich zum Themenjahr. Um zu verstehen, was wirklich passiert ist, wie viele Menschen umgekommen sind, wer Täter und wer Opfer waren und welche Ursachen zu diesen Exzessen von Diskriminierung und Ausgrenzung führten, hatte die ehemalige Stadtverordnete Dr. Elke Therre-Staal das Thema angeregt.

»Es geht darum, wie Menschen ausgegrenzt und brutal verfolgt werden, weil sie anders sind. Bei der Hexenrezeption geht es aber auch um ein bestimmtes Frauenbild - und wie sich dieses im Laufe der vergangenen Jahrhunderte gewandelt hat«, fügte Dr. Christine Amend-Wegmann, Fachbereichsleiterin Zivilgesellschaft, Stadtentwicklung, Migration und Kultur, hinzu.

Am Themenjahr beteiligen sich auch die Evangelische Kirche, die Philipps-Universität, das Staatsarchiv und die Stadtgesellschaft. Mehr als 100 größere und kleinere Veranstaltungen beleuchten Aspekte rund um Hexenglauben und Verfolgung. Von einer wissenschaftlichen Tagung im Archiv über offene Ringvorlesungen an der Universität und Vorträgen im Rathaus bis zu Workshops, Konzerten, Ausstellungen, Kinofilmen, Führungen und Angeboten für Kinder. Dazu kommt ab März die Beschäftigung mit der Magie der Kräuter als einem Beispiel für Heilwissen, das Hexen oft zugeschrieben wurde. »Die Vielfalt ist Programm«, erläutert Dr. Christoph Becker vom Fachbereich Kultur. »Wir wollten daher möglichst vielen Aspekten ein Forum bieten.«

Zu tolerant-moderater Streitkultur einladen

»Dass in diesem Jahr viele Sichtweisen aufeinandertreffen und dass auch kontrovers diskutiert werden wird, ist uns bewusst«, ergänzt Ruth Fischer, Leiterin des Fachdienstes Kultur. »Viele beanspruchen die Deutungshoheit zum Thema Hexen für sich. Aber wir möchten zu einer tolerant-moderaten Streitkultur einladen.« Am 17. März startet das »Hexenjahr« mit einem Auftaktgottesdienst in der Lutherischen Pfarrkirche. Es endet am Buß- und Bettag, 18. November, mit einem namentlichen Gedenken und einem Abschlusskonzert.

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