20. November 2017, 11:20 Uhr

Marburg

Spurensicherung bei Vergewaltigungen ohne Polizei

Mit einer Plakataktion in Bussen wird auf die Möglichkeit der unkomplizierten und kostenlosen medizinischen Versorgung nach einer Vergewaltigung aufmerksam gemacht.
20. November 2017, 11:20 Uhr
In der Kreiserwaltung wurde das medizinische Projekt für Frauen, die sexualisierte Gewalt erlebt haben, vorgestellt. Foto: Landkreis

Hintergrund ist eine Neuerung im Umgang mit den Betroffenen. Frauen, die sexualisierte Gewalt erlebt haben, können sich im Universitätsklinikum Marburg und im Diakonie-Krankenhaus Wehrda nicht nur medizinisch versorgen lassen, sondern ab sofort auch mögliche Spuren gleich »gerichtsfest« sichern und dokumentieren lassen – ohne, wie bislang, zuvor eine Strafanzeige erstatten zu müssen.

Klinikpersonal wurde geschult

Möglich ist dies durch hierzu qualifizierende Fortbildungen beim Klinikpersonal und der Kooperation mit dem Gerichtsmedizinischen Institut in Gießen im Zuge des Projekts »Medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigung«, das vom Landkreis Marburg-Biedenkopf mit 10.000 Euro finanziell unterstützt wird.

Auf den Plakaten, die in den Bussen gezeigt werden, heißt es: »Jede Vergewaltigung ist ein medizinischer Notfall. Im Krankenhaus erhalten Sie Hilfe. Vertraulich.« Mit der Aktion sollen von sexualisierter Gewalt Betroffene dazu ermutigt werden, sich nach einer Gewalttat so schnell wie möglich medizinisch versorgen zu lassen. Das sei nicht immer der Fall.

Opfer haben sich aus Scham nicht helfen lassen

In einigen Fällen hätten sich Frauen nach einer Vergewaltigung aus Scham oder wegen Schuldgefühlen, aber eben auch aus Sorge, im Falle einer medizinischen Versorgung mit einer Aussagesituation bei den Ermittlungsbehörden rechnen zu müssen, nicht medizinisch versorgen lassen, berichtete Rebekka Jost vom Marburger Frauennotruf. »Das ist eine für viele Betroffene schwierige Situation, insbesondere dann, wenn der Täter aus dem Familien- oder Bekanntenkreis stammt.« Diese Sorge sei mit dem Start des Projektes unbegründet. Die Ermittlungsbehörden würden nur dann hinzugezogen, wenn dies dem Wunsch der Patientin entspreche.

Spuren gerichtsfest sichern

Ärztinnen und Ärzte können Spuren ohne Einschalten der Polizei gerichtsfest sichern und dokumentieren. Die möglichen Beweismittel werden dann an das Rechtsmedizinische Institut in Gießen weitergeleitet, wo sie für ein Jahr verwahrt werden. Dadurch erhalten die Frauen die Möglichkeit, sich in Ruhe beraten zu lassen.

Weitere Informationen bietet die Website www.soforthilfe-nach-vergewaltigung.de. Der Frauennotruf Marburg ist unter Telefon 06421/21438 erreichbar. Infos gibt es auch unter www.frauennotruf-marburg.de

0
Kommentare | Kommentieren