10. April 2019, 15:00 Uhr

Wetzlar

Baby auf Probe – Präventionsprojekt der Caritas

Eine Diplompädagogin und eine Familienhebamme arbeiten für das Projekt, »Familienplanung«, das der Caritasverband Wetzlar/Lahn-Dill-Eder aus der Taufe gehoben hat.
10. April 2019, 15:00 Uhr
Filmcrew vor Ort im Westend: Das Projekt Familienplanung wurde im Rahmen der Gewinnzahlen-Bekanntgabe der Deutschen Fernsehlotterie in der ARD vorgestellt.

Katrin Pecha und Regina Rothensee wenden sich an Jugendliche ab 14 Jahren und besuchen neben Schulklassen auch Jugendzentren, Firm- oder Konfirmandengruppen in Wetzlar und dem Lahn-Dill-Kreis. Wenn irgendwo aus einem Klassenzimmer Babygeschrei ertönt, Fläschchen gegeben und gewickelt wird, dann sind die beiden Frauen mit hoher Wahrscheinlichkeit mit ihren Babysimulatoren zu Gast an der Schule.

Am Babysimulator üben

Die Babysimulatoren stellen durch einen eingebauten Mikrochip die Bedürfnisse eines realen Babys nach. Eingebaute Sensoren registrieren genau, ob das Köpfchen gestützt wird oder das Baby geschüttelt und damit misshandelt wird. Am Ende wird das Verhalten der Jugendlichen mit den Fachkräften besprochen und analysiert.

Neben den Babysimulatoren hat die Hebamme Regina Rothensee weitere Modellpuppen im Gepäck. Mit ihnen zeigt sie anschaulich, welche Folgen der Konsum von Drogen und Alkohol während der Schwangerschaft für Neugeborene haben.

Verantwortung vermitteln

An einer Puppe mit transparentem Kopf stellt sie dar, welche schweren Gehirnschädigungen durch ein Schütteltrauma hervorgerufen werden können. »Nach unserer Erfahrung sind die meisten Jugendlichen zunächst begeistert von den Babysimulatoren«, berichtet Rothensee. »Sie nehmen sie über Nacht mit nach Hause, in den Sportverein oder zu Freunden. Wenn sie ›ihr Kind‹ wieder abgeben müssen, herrscht bei einigen Abschiedsschmerz – unterm Strich sind sie aber froh, wieder Teenager sein zu können und die große Verantwortung nicht mehr zu haben«, so Rothensee weiter. Sie haben in dieser Zeit gelernt, was der Alltag mit einem Kind bedeutet und wie sich ihr komplettes Leben dadurch verändert.

Doch die Simulatoren sind nur ein Teil des Projektes. »Bevor es damit losgeht, besprechen wir mit den Jugendlichen viele Themen rund um Schwangerschaft und Geburt, Familie, Partnerschaft und Sexualität«, erzählt Katrin Pecha. »Ziel ist es, den Mädchen und Jungen einen verantwortungsvollen Umgang mit dem eigenen Körper und der eigenen Sexualität zu vermitteln.«

Eine weitere Zielgruppe, an die sich das Projekt wendet: Frauen mit Migrationshintergrund, die erst kurz in Deutschland leben. Neben den Sprachbarrieren gibt es häufig große Unterschiede zwischen den Herkunftsländern der Frauen und der Situation in Deutschland. »Wir merken das insbesondere in den Bereichen Gesundheits- und Bildungswesen sowie Kindererziehung«, berichtet Rothensee und nennt Beispiele: »Bei uns müssen Geburten angemeldet werden, es gibt verpflichtende Vorsorgeuntersuchungen für Kinder, Impfempfehlungen und Schwangerschaftsbetreuung. Viele der Frauen, mit denen wir arbeiten, kennen den Beruf der Hebamme nicht, da es dieses Berufsbild in ihrer Kultur nicht gibt.«

Auch die Behördenstrukturen sind für viele neu. In Sprachkursen, Begegnungscafés oder Eltern-Kind-Gruppen klären die Fachkräfte der Caritas auf. Der Babysimulator dient in diesem Fall häufig als »Türöffner«, mit dessen Hilfe Informationen vermittelt werden. »Wir wollen die Frauen dabei unterstützen, sich leichter in die Gesellschaft zu integrieren und selbstständiger agieren zu können«, so Rothensee. Für Einzelgespräche bietet sie jeden Dienstagvormittag im Familienzentrum im Westend eine Hebammensprechstunde an.

Wer Interesse an dem Projekt hat, kann sich an den Caritasverband wenden. In einem Vorgespräch wird ein individuelles Konzept an die Gruppe angepasst. Auch Babysitterkurse oder ein Selbstbehauptungstraining können angeboten werden. Kontakt: Projekt Familienplanung, Telefon 06441-4475230 oder 0178-3363527, E-Mail praevention@caritas-wetzlar-lde.de. Infos auch unter www.caritas-wetzlar-lde.de.

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