08. November 2019, 11:00 Uhr

Wetzlar

69.000 Berufspendler im Lahn-Dill-Kreis

Wenn Lebenszeit im Stau flöten geht: Die Zahl der Berufspendler im Lahn-Dill-Kreis hat einen neuen Höchststand erreicht.
08. November 2019, 11:00 Uhr
Frust im Stau: Immer mehr Beschäftigte haben weite Wege zur Arbeit. Die Gewerkschaft IG BAU macht für diesen Trend auch den fehlenden Wohnraum in Städten verantwortlich. Foto: IG BAU

Auf dem Weg zur Arbeit verließen im vergangenen Jahr rund 69.000 Menschen regelmäßig die Grenzen des Kreises - das sind 23 Prozent mehr als noch im Jahr 2000. Damals zählte der Kreis rund 56.000 sogenannte Auspendler, wie die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt mitteilt. Die IG BAU beruft sich dabei auf eine Auswertung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung.

Miet- und Wohnungspreise als Auslöser

Gewerkschafterin Doris Hammes spricht von einem »alarmierenden Trend«. Eine Hauptursache für den Pendel-Boom sei der Mangel an bezahlbaren Wohnungen in den Groß- und Unistädten. »Eine wachsende Zahl von Menschen kann sich die hohen Mieten und Immobilienpreise in der Stadt nicht mehr leisten. Aber genau dort sind in den letzten Jahren besonders viele Jobs entstanden«, sagt die Bezirksvorsitzende der IG BAU Mittelhessen. Die Folge seien immer längere Staus und überfüllte Züge.

50 Kilometer für eine Strecke normal

Strecken von mehr als 50 Kilometern bis zum Arbeitsplatz seien für viele Pendler aus dem Lahn-Dill-Kreis mittlerweile gang und gäbe, betont Hammes. »Dabei geht nicht nur wertvolle Zeit für Familie, Freunde und Hobbys verloren. Auch die Umwelt leidet unter der Fahrerei.«

Nach Angaben des Umweltbundesamtes geht knapp ein Fünftel aller CO2-Emissionen in Deutschland auf das Konto des Verkehrs.

Die IG BAU warnt vor einer Zunahme der Pendlerzahlen, sollte sich das Wohnen noch weiter vom Arbeiten entfernen. Nötig sei eine »drastische Wende« in der Wohnungsbaupolitik. »Die öffentliche Hand muss viel mehr als bisher investieren, um bezahlbaren Wohnraum in den Metropolen und Ballungsräumen zu schaffen. Es fehlen vor allem Wohnungen im sozialen und im bezahlbaren Segment«, sagt Hammes.

Massive Investitionen seien aber auch im Bereich der Verkehrsinfrastruktur unverzichtbar, um die Pendler zu entlasten. »Vor allem beim Schienen-, Straßen- und Radwegenetz ist der Nachholbedarf groß«, macht Hammes deutlich.

Einen entscheidenden Beitrag gegen den »Pendel-Frust« könnten zudem die Firmen leisten - indem sie es ihren Beschäftigten leichter machen, in Gleitzeit oder im Home-Office zu arbeiten.

Die Pendler-Problematik im Lahn-Dill-Kreis ist Teil eines bundesweiten Trends: Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit pendelten im vergangenen Jahr 39 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in eine andere Stadt oder einen anderen Kreis zur Arbeit.

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