06. Juli 2025, 19:58 Uhr

Aktionswochenende

Viel Gießener Fläche für wenige Menschen

Das auf drei Tage ausgeweitete Programm von »Stadt für Alle« lockt kaum Besucher an.
06. Juli 2025, 19:58 Uhr
RSA
Große Lücken beim Live-Programm auf dem Brandplatz. Foto: Schäfer

. Gut gemeint ist nicht immer auch gut gemacht. Und größer zu planen bedeutet nicht immer auch gleichzeitig ein Mehr an Erfolg. Diese leidige Erfahrung machten nun die Veranstalter des dreitägigen Aktionswochenendes »Stadt für Alle«. Denn der Zuspruch ließ stark zu wünschen übrig.

Im Vorfeld hatten sich die Organisatoren viele Gedanken gemacht. Nach dem großen Erfolg des Straßenfestes im Dönerdreieck sollte es diesmal etwas richtig Großes werden: über mehrere Tage und auf größerer Fläche.

Zunächst sah es noch gut aus. Das pralle Leben gab es am Freitagabend mit »Töne und Trödel« in der Dammstraße. Vor »Reynabi« tummelten sich auf einem überfüllten Hinterhofplatz die Menschen bei dröhnender Musik. Und auch rund um das Stadttheater war beim »Takeover« einiges los.

Der Samstag dagegen wollte so gar nicht in Gang kommen. Lag es daran, dass Wochenmarkt und anschließende Säuberungsarbeiten bis nach 15 Uhr andauerten? Der Aufbau der Stände auf dem Lindenplatz, in der Marktlaubenstraße und auf dem Brandplatz ging jedenfalls nur schleppend voran. Und weil bei den Marktlauben viele Lücken blieben, zogen alle Stände vom Brandplatz dorthin um.

Queere Frauen, die mit einem Stand vertreten waren, wollten ihr Gesicht nicht offen der Kamera des Pressefotografen präsentieren. »Wir befürchten Repressalien, wenn man uns erkennt«, lautete ihre Begründung. Unter dem Thema »Queere Utopien« wurden am Tisch Collagen gebastelt. Auch vertreten war der Verein »akTIERismus«, hinter dem eine Tierrechtsinitiative steckt. »Tierleiden und Klimakrise stoppen!« lautete die gegen eine Supermarktkette gerichtete Botschaft.

Stefan Kaisers, den Lesern der Tageszeitung als engagierter Leserbriefschreiber bekannt, forderte zusammen mit Conny Feistauer von Greenpeace: »Wald statt Stahl+Beton - Keine Rodung am Schiffenberg für Bieber+Marburg«. Für ihr Anliegen sammelten sie Unterschriften.

Greenpeace wandte sich gegen den Tiefsee-Bergbau. Medinetz bewarb seine Gesundversorgung ohne Papiere. Hinzu kamen die Omas gegen Rechts, People/Parents/Scientists for Future, Foodsharing, Bezahlkartentausch und eine Frageaktion: »Was wünscht Ihr euch in einer Stadt für Frauen?«

Ein Zeitstrahl ab 1850, dargestellt auf einem langen schmalen Banner, durchschnitt die Fläche des Lindenplatzes und zeigte die globale Klima-«Fieberkurve« bis ins Jahr 2018. Angeführt wurde der Marburger Mathematiker und Physiker Jean Baptiste Fourier (1738-1830), der bereits 1824 das Prinzip des Treibhauseffektes beschrieben hatte.

Musik aus der Konserve am Lindenplatz und live auf dem Brandplatz fanden allerdings wenig Zuspruch. Gegen Abend gab es dann größere Menschenmengen, die vom Marktplatz in Richtung Walltorstraße unterwegs waren. Gefragt bei den vorbeiziehenden Jugendlichen war allerdings die Nachttanzdemo, die am Messeplatz startete.

Im 16-seitigen Programmplan verzeichnet waren zudem eine ganze Reihe von über das fast gesamte Stadtgebiet verstreuten Hofflohmärkten. Hinzu kamen Aktionen in Theaterpark, an der Wieseckaue und dem Museum für Gießen sowie etliche auch innerhalb von Gebäuden). All das zusammenzupacken in eine große Aktion war der Plan, der jedoch gründlich schief ging. Die Idee der Vernetzung vieler Initiativen ist zwar gelungen, war jedoch von außen nicht recht sichtbar infolge des nur geringen Zulaufs.

Fazit: Statt »Stadt für Alle« hieß es diesmal bloß »Stadt für Einige«.



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