19. Dezember 2024, 19:14 Uhr

Übung und Geste

»Post mit Herz« aus Gießen

14 Teilnehmende eines C1-Deutschkurses an der Sprachportal Akademie Gießen schreiben Weihnachtskarten an in Pflege- und Altenheimen lebende Menschen.
19. Dezember 2024, 19:14 Uhr
MUZ
Ein paar nette Worte und eine bunte Zeichnung: Mehr braucht es oft gar nicht für eine schöne Botschaft zu Weihnachten. Foto: Zimmermann

. Die Weihnachtszeit verbringen die meisten Menschen traditionell mit Familie, Freunden oder Verwandten - kurzum den Liebsten. Einigen ist das allerdings nicht möglich. Dazu gehören häufig auch Bewohner von Alten- und Pflegeheimen oder Hospizen. Nicht selten verbringen sie die Festtage weitgehend allein. Um ihnen wenigstens ein kleines Stück dieser Einsamkeit abzunehmen, haben sich 14 Sprachkursteilnehmer bei der Gießener Sprachportal Akademie zu einer kleinen Geste entschieden. Mithilfe ihrer erlernten Deutschkenntnisse schreiben sie festliche Postkarten an eben solche Bewohner und übermitteln weihnachtliche Grüße. Dass sie die adressierte Person dabei gar nicht kennen, spielt keine Rolle. Auch der Inhalt ist zweitrangig. »Hauptsache, es kommt von Herzen«, lautet das Motto.

140 708 Karten vermittelt

»Es ist nicht schlimm, wenn ihr ein paar kleine Fehler macht«, erklärt Özlem Faik ihren Kursteilnehmern. »Es kommt vielmehr darauf an, was ihr sagt, wenn das jemand mit Herz liest.« Auch sie schreibt eine der Weihnachtskarten im Rahmen der Aktion »Post mit Herz«, bei der ihr C1-Kurs der Sprachportal Akademie mitmacht. Die Hamburger Initiative vermittelt freiwillige Kartenschreiber an soziale Einrichtungen, die einsame Menschen betreuen. Wohin genau die Nachricht geschickt wird, wissen die Autoren gar nicht. Aber auch das sei gar nicht so wichtig. Denn schließlich verdiene es jeder, an Weihnachten ein paar warme Worte zu lesen - so die Philosophie von »Post mit Herz«.

Bisher hat die Initiative nach eigenen Angaben 140 708 Grußkarten vermittelt. Eine schöne Sache, finden auch die Teilnehmer des Gießener Sprachkurses. Einige schreiben nicht nur nette Zeilen, sondern verzieren ihre Karten obendrein mit selbstgemalten Motiven. In den Umschlag gepackt, Briefmarke drauf und fertig ist die selbstgemachte Weihnachtsbotschaft.

Viele der Sprachschüler sind Ukrainer, die vor dem Krieg geflohen sind und nun die deutsche Sprache zur Berufsqualifizierung erlernen. So auch Svitlana Kostina, die in ihrer Heimat Beamtin war und mit Hilfe der C1-Zertifizierung ihren Beruf auch hier wieder ausüben möchte. »Ich finde die Idee sehr schön«, erzählt sie im Gespräch mit dem Anzeiger. »Wir haben in Deutschland schon viele Freunde, aber das sind meist ältere Leute und ich bin überzeugt, dass sie etwas zurückkriegen sollten«, denkt Kostina an den Empfänger. Die ihr zugewiesene Person hat auch eine Anfrage zur Brieffreundschaft beigefügt. Ein Angebot, dass Svitlana Kostina nur zu gerne annehmen will. »Es ist auch eine Möglichkeit für mich, mich besser in die Gesellschaft zu integrieren«, sieht sie klare Vorteile.

Geste und Übung zugleich

Gerne dabei ist auch Nguyen Hoang Bao Loc Le aus Vietnam. Der Fachinformatiker lebt seit drei Jahren in Deutschland und hat die Tradition des Kartenschreibens bereits in seiner Heimat sehr geschätzt. Seine Post geht nun an die Bewohner eines Pflegeheims für Demenzkranke in Berlin. »Ich hoffe, dass die Menschen durch meine Karte ein bisschen Wärme von meinem Herzen abbekommen«, so sein Wunsch.

Alicia Perri von der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit und Qualitätsmanagement der Sprachportal Akademie begrüßt die Teilnahme an der Aktion ausdrücklich. Ursprünglich sei die Idee zum Mitmachen von einer Kollegin aus der Verwaltung gekommen, die daraufhin weite Teile der Belegschaft zum Schreiben motiviert habe. Anschließend lag die Ausweitung auf einen Sprachkurs auf der Hand.

Erneut wurde eine Gruppenbestellung von 15 Karten für die Unterrichtsteilnehmer von Özlem Faik aufgegeben. Ein Vorhaben, das die Sprachschüler sehr gut aufgenommen hätten, was sich nicht zuletzt im Engagement zeigt, mit dem sie die Karten verfassen. »Es ist nicht nur eine schöne Geste, sondern zugleich auch eine gute Übung«, ist Perri überzeugt. Dass die erneute Teilnahme der Akademie an der Aktion damit im nächsten Jahr als sicher gelten darf, freut sie umso mehr.



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