24. Mai 2022, 21:37 Uhr

Hingebungsvolle Interpretationen

24. Mai 2022, 21:37 Uhr
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Von Sascha Jouini
Susanne Oehler, Eva-Maria Anton, Kaja Kapus und Christof Becker (v. l.) spielen Telemann. FOTO: JOU

Bei einem gut besuchten Konzert mit geistlicher und weltlicher Chormusik zur Frühlingszeit, bereichert durch Instrumentalwerke, nutzte Kantor Christof Becker am Sonntag in der Marienstiftskirche die Gelegenheit zu einem Plädoyer für den Frieden: Unter seiner Leitung stellten die Camerata vocale Hessen und der Bad Hersfelder Kammerchor Heinrich Schütz‹ Motette »Verleih uns Frieden gnädiglich« voran.

Seelische Wohltat

Bei aller Anteilnahme für die Opfer des Krieges in der Ukraine sollten wir uns, wie Becker zu Recht anmerkte, erbauliche Erlebnisse indes nicht vorenthalten lassen. So erwies sich Felix Mendelssohn Bartholdys Lied »Der Lenz ist angekommen« als seelische Wohltat.

Lebenslust vermittelte der 22-köpfige Chor auch in Hans Leo Hasslers beschwingtem »Tanzen und springen, singen und klingen« und weiteren weltlichen Liedern. Raffiniert-schlicht mutete Johannes Brahms’ strophenförmiges »Von alten Liebesliedern« an, von tiefgründigerer Art war das psychische Stimmungsbild in dessen »Waldesnacht« nach einem Gedicht von Paul Heyse. Darin bettet sich ein Wanderer aufs weiche Moos und versucht, die Düfte und Vogelgesänge im Wald intensiv wahrnehmend, sich von qualvollen Gedanken zu befreien.

In der ersten Hälfte stand geistliche Musik auf dem Programm, zum Auftakt der eine Messe eröffnende Bittruf »Kyrie eleison« von Hassler. Dem klaren Vortrag war eine behutsame Herangehensweise anzumerken. Mehr als bei einem großen Ensemble schien bei dem Kammerchor jede einzelne Stimme deutlich hervor, alle Sänger zeigten außerordentliche musikalische Hingabe.

Mendelssohn Bartholdy verbindet in seiner Motette »Richte mich, Gott« einen archaischen Choral von Martin Luther mit seinem eigenen romantischen Kompositionstil. Besondere Wirkung verlieh dieser Psalmvertonung die Gegenüberstellung von Frauen- und Männerstimmen.

Bei Brahms’ »Geistlichem Lied« op. 30 sorgte die Truhenorgel für dezente Unterstützung. Das Programm reichte bis hin zu einer Hymne des schwedischen Komponisten Wilhelm Peterson-Berger.

Für Abwechslung sorgte die Instrumentalmusik. Die Triosonaten G-Dur von Johann Sebastian Bach und F-Dur von Georg Philipp Telemann erhielten schon allein durch die Besetzung charakteristisches Profil: In ersterer spielte Susanne Oehler die Querflöte und Christof Becker die Violine, in letzterer griffen beide zur Blockflöte und Viola. Komplettiert wurde das Ensemble durch Cellistin Kaja Kapus und Cembalistin Eva-Maria Anton.

Durchweg gefiel die natürliche Anmut. Die Musiker erspürten zudem mit viel Fantasie die empfindsamen Züge. Effektvoll stellten sie schwermütige und vitale Sätze in Kontrast. Doch beschränkten sie sich nicht auf Barockmusik: Impressionistische Akzente setzte Gabriel Faurés »Berceuse« für Flöte und Orgel; als besonders gefühlsgeladen erwies sich dessen »Après un rêve« für Cello und Orgel. Das Konzert klang friedvoll-entspannt aus mit Peterson-Bergers Stück »Som stjärnorna«.



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