13. November 2024, 20:22 Uhr

Drogenbunker Heuchelheim

Fortsetzung im Prozess um erheblichen Rauschgiftfund im Kreis Gießen

Die mitangeklagte Wohnungsinhaberin schildert vor Gericht ihre eigene Drogenkarriere. Sie selbst meldete den Rauschgiftvorrat ihres Bekannten bei der Polizei.
13. November 2024, 20:22 Uhr
SOW

. Es kommt nicht alle Tage vor, dass ein Mensch im Polizeipräsidium Mittelhessen erscheint und mitteilt, dass sich in seiner Wohnung eine größere Menge Betäubungsmittel befindet, die er dort nicht mehr haben möchte. Doch am frühen Nachmittag des 19. Februars dieses Jahres ist genau dies geschehen. Eine damals 56-jährige Heuchelheimerin berichtet vor Beamten des Kriminaldauerdienstes von einer erheblichen Menge Rauschgift in ihrer Wohnung, die ein 44-jähriger Bekannter von ihr dort mit ihrem Wissen gelagert hatte. Nun müssen sich sowohl der Drogenbesitzer als auch die Wohnungsinhaberin, vor Gericht verantworten. (Der Gießener Anzeiger berichtete). Die Neunte Große Strafkammer des Gießener Landgerichts verhandelt den Fall. Beide zeigen sich umfänglich geständig in der Sache.

Habe »reinen Tisch« machen wollen

Am zweiten Prozesstag kamen die ermittelnden Beamten zu Wort, die ob der Offenbarung der Frau nicht schlecht gestaunt haben dürften. Auch als ihr die Beamten zu verstehen gaben, dass sie sich mit ihrer Aussage selbst belaste, habe sie dennoch fortfahren wollen. »Sie wollte wohl reinen Tisch machen«, meinte der 47-jährige Oberkommissar. Und es sei ihr klar gewesen, dass sie sich damit selbst strafbar mache. Zu den Gründen für ihre Aussage befragt, habe die Frau angegeben, dass sie aus der Wohnung raus müsse und sie die Drogen nicht selber rausschaffen wolle. Außerdem habe sie erzählt, dass ihr Bekannter nicht den versprochenen Unterhalt für den Hund zahle, den sie für ihn betreuen würde. Sie habe sich auch wegen ihrer finanziellen Not darauf eingelassen, dass der Bekannte die Drogen bei ihr lagern dürfe. »Da gab es wohl ein starkes Abhängigkeitsverhältnis«, vermutete ein 24-jähriger Polizeibeamter. Die geladenen Polizisten schilderten, dass sie den Eindruck hatten, dass die Frau allerdings nicht gut in der Lage war, zeitlich zusammenhängend zu berichten. Auch schien sie ängstlich und aufgeregt. Belastungseifer habe sie aber nicht gezeigt. Die Angeklagte selbst berichtete am zweiten Prozesstag über ihren Werdegang. Sie wuchs im Lahn-Dill-Kreis auf: Eine Lehre im Einzelhandel brach sie aufgrund einer nicht bestandenen Matheprüfung ab. Anschließend hielt sie sich als Fabrikarbeiterin über Wasser. Eine Ehe scheiterte, weil sie Drogen nahm.

Eigene Heroinsucht besiegt

Mit Heroin sei sie im Alter von rund 20 Jahren in Kontakt gekommen. »Ich hatte dann zwei Entgiftungen hinter mir und kam schließlich ins Methadon-Programm«, so die Angeklagte. Aus eigenen Kräften habe sie es geschafft zuerst vom Heroin und dann vom Methadon wegzukommen. Bis etwa 2013 war sie berufstätig. Dann hatte sie einen ersten Aufenthalt in der Psychiatrie, wo sie zunächst wegen Depressionen behandelt wird, wie sie berichtet. Später sei bei ihr auch eine Schizophrenie festgestellt worden. Heroin habe sie zwar nicht mehr genommen, dafür aber Amphetamine. Drogen würde sie aber seit Anfang dieses Jahres nicht mehr nehmen. Seit rund zehn Jahren ist sie arbeitsunfähig und erhält nur eine kleine Rente. Der Hund, den sie für ihren Mitangeklagten seit 2017 betreut habe, sei mittlerweile anderweitig untergebracht.



0
Kommentare | Kommentieren

Bilder und Videos

  • Fassenachtszug in Giessen

  • Polizeirazzia im Frankfurter Bahnhofsviertel