25. August 2022, 13:00 Uhr

Münzenberg

Wie steht es um die hessische Getreideernte?

Wie es um die Getreideernte steht, berichteten der Präsident des hessischen Bauernverbands, Karsten Schmal, und der Vorsitzende des Verbands Gießen/Wetzlar, Daniel Seipp, in Münzenberg.
25. August 2022, 13:00 Uhr
Gaben Auskunft in Ober-Hörgern (v.l.): Gastgeber Helge Timm, Hessens Bauernpräsident Karsten Schmal und Daniel Seipp vom Bauernverband Gießen/Wetzlar. Foto: Berger

Karsten Schmal und Daniel Seipp trafen sich mit Kartoffelbauer Helge Timm auf dessen Betrieb in Ober-Hörgern. Der HBV-Präsident ging dabei auch auf die Herausforderungen ein, vor denen die Landwirtschaft derzeit steht, wie die Trockenheit oder die Auswirkungen des Ukraine-Krieges. Seipp stellte die Besonderheiten der Landwirtschaft in der Region dar. Betriebsleiter Timm ergänzte den aktuellen Stand der Getreideernte in der Region und gab einen Ausblick auf die Ernte der Sonderkulturen.

»Im Moment sieht dies nicht toll aus«

»Im Moment sieht dies nicht toll aus«, räumte Seipp hinsichtlich der ausstehenden Zuckerrüben- und Kartoffelernte ein. »Der Winter 2021/2022 ist ausgefallen. Es gab keine größeren Frostereignisse. Der März war sehr trocken, was auch Vorteil und sehr gute Bedingungen für die Aussaat mit sich brachte, so dass Sommergetreide und auch Zuckerrübe bereits im März gesät wurden.« Aufgrund der Niederschläge im April und Mai konnten sich die Bestände gut entwickeln, wobei sich die Mais-Aussaat um zehn Tage verzögerte. Die Wintergersteernte verlief sehr gut mit Erträgen teilweise über dem Vorjahr. Die Rapsernte verlief »recht erfreulich«, ebenso auch die von Sommergerste und Weizen, die teilweise über sieben Tonnen pro Hektar erbrachten. Dabei sei es überraschend gewesen, dass hier eine überdurchschnittliche Ernte für die Region erzielt werden konnte.

Trockenheit macht sich bemerkbar

Im Moment mache sich die Trockenheit bei den Zuckerrüben bemerkbar. Vor dem Hintergrund, dass die Zuckerrübenfirmen Angst vor Gasmangel haben und früher mit der Produktion beginnen, habe dies zur Folge, dass »wir dabei Zuwachse verlieren«, weil früher geerntet werden müsse. Beim Mais sehe es sehr schlecht aus, machten sich hier der kalte Mai und die nachfolgende Trockenheit bemerkbar. Seipp prophezeite erhebliche Verluste.

Ernte rekordverdächtig früh

Beim Grünland hatten die ersten beiden Schnitte noch vernünftige Erträge erbracht, doch aktuell falle dies aus und auch bei der Kartoffelernte werde es zu Einbußen kommen. »Nachdem die Getreideernte in diesem Jahr bereits circa drei Wochen früher startete als im vergangenen Jahr, ist der aktuelle Erntefortschritt rekordverdächtig weit und die Ernte zwei bis drei Wochen früher beendet als in den vorangegangenen Jahren. Auch die Winterweizenernte befindet sich in den letzten Zügen«, berichtete Karsten Schmal. Lediglich Restflächen würden noch gedroschen, schwerpunktmäßig im Norden des Landes.

Erste Ertragsmeldungen bei der Wintergerste ergäben bisher ein durchschnittliches bis überdurchschnittliches Ernteergebnis. Auch die Erträge beim Raps seien bisher auf einem zufriedenstellenden, regional sogar überdurchschnittlichen Niveau. Der Winterweizen sei von der langen Trockenperiode im Juni und Juli jedoch deutlich getroffen worden.

»Das Ertragsbild beim Weizen ist sehr heterogen - Ertrag und Qualität haben in einigen Regionen stark gelitten, in anderen Regionen sind teilweise aber auch gute bis überdurchschnittliche Erträge erzielt worden«, so Schmal. Der HBV-Präsident betonte, dass sich vor allem die Tierhalter zunehmend um die Futterversorgung ihrer Tiere sorgen würden. Nach einem guten ersten Grünlandschnitt sei der zweite Schnitt sehr dürftig oder vereinzelt auch komplett ausgefallen.

Laut Konjunkturbarometer Agrar des deutschen Bauernverbandes bleibe die Stimmungslage unter den deutschen Landwirten im Sommer 2022 weiterhin gedrückt. Die Landwirte würden ihre aktuelle wirtschaftliche Lage gegenüber dem Frühjahr etwas schlechter einschätzen. Das Problem seien die durch den Ukraine-Krieg gestiegenen Kosten, sagte Karsten Schmal: »Explodierende Betriebsmittelpreise - insbesondere Stickstoffdünger, Energie, Diesel, Futtermittel, Logistik - machen das Wirtschaften schwer, auch wenn in einigen Bereichen die Erzeugerpreise angestiegen sind. Die gesamte Lebensmittelkette ist weiterhin mit massiven Kostensteigerungen konfrontiert.« Er sei nicht sehr optimistisch, dass die hessischen Landwirtinnen und Landwirte die Ernteerträge in den kommenden Jahren auf dem bisherigen Niveau halten können. Die jüngsten Vorschläge der Europäischen Kommission zur pauschalen Reduzierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln hätten einen deutlichen Rückgang der Ernteerträge in ganz Europa zur Folge.

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