11. Juli 2022, 13:00 Uhr

Gießen

Von neuer Corona-Testverordnung überrumpelt

Im Eilverfahren hat die Bundesregierung die Neuregelung der Corona-Testverordnung durchgewunken und damit erneut enorme Herausforderungen für Behörden geschaffen - so auch im Kreis Gießen.
11. Juli 2022, 13:00 Uhr
Trotz unklarer Rahmenbedingungen hält auch das Corona-Schnelltest-Zentrum im Seltersweg seinen Betrieb weiter aufrecht. Foto: Häuser

Der Landkreis Gießen, seine Kooperationspartner in den Testcentern - der DRK-Kreisverband Gießen-Marburg und der Regionalverband Mittelhessen der Johanniter-Unfallhilfe - sowie betroffene Heime wollen die geänderten Rahmenbedingungen nicht unkommentiert lassen. Sie sehen die Testcenter, aber auch Einrichtungen wie Kliniken und Pflegeheime mit erheblichen Belastungen konfrontiert.

Anspruch auf Testung nachweisen

Kern der Problematik ist die Abschaffung der grundsätzlich kostenlosen Antigen-Schnelltests seit 30. Juni. Wer nicht unter Sonderregelungen fällt, muss in vielen Fällen einen Eigenanteil von drei Euro pro Test bezahlen oder sogar einen Komplettpreis in Höhe von 9,50 Euro. Was das Ganze verkompliziert: Wer sich testen lassen will, muss in jedem Fall einen entsprechenden Anspruch in Form von Belegen oder schriftlicher Begründung nachweisen. Einfach so ins Testcenter gehen ist nicht mehr. Die Teststellen haben eine Dokumentationspflicht. Wer Symptome hat, soll eigentlich gar nicht in die Testcenter kommen, sondern zum Arzt gehen und sich dort testen lassen.

Anspruch auf einen Bürgertest gegen Eigenbeteiligung haben Personen, die am Tag der Testung eine Veranstaltung in Innenräumen besuchen wollen, Kontakt zu Risikogruppen haben oder durch die Corona-Warn-App einen Hinweis auf ein erhöhtes Risiko erhalten haben. Einen kostenlosen Test beanspruchen können unter anderem Schwangere im ersten Trimester, Personen zum Beenden der Quarantäne (Freitesten), Besucher und Behandelte oder Bewohner in stationären und ambulanten Pflege- und Krankeneinrichtungen, pflegende Angehörige und Haushaltsangehörige von nachweislich Infizierten.

Landrätin Anita Schneider (SPD) kritisiert, dass quasi »über Nacht« kommuniziert wurde, in welcher Form die Tests weiter ermöglicht werden. Der Bundesgesundheitsminister habe am 29. Juni die neue Verordnung verkündet, die bereits einen Tag später inkrafttrat. Wesentliche Details seien zu diesem Zeitpunkt nicht klar gewesen, zum Beispiel, wie der Nachweis der Anspruchsberechtigung auf einen Test erfüllt werden kann.

Laut Verordnung sollen sich beispielsweise Personen vor dem Besuch von Angehörigen in Pflegeheimen dort zunächst eine aktuelle Bescheinigung ausstellen lassen und diese dann im Testcenter vorlegen, um einen kostenfreien Test zu erhalten. Diesen müssen sie dann wiederum im Heim vorzeigen. Das Bundesministerium verweise allerdings auf seinen Internetseiten auf eine Selbsterklärung der Testperson, die für einen kostenlosen Test ausreiche.

Zum immensen bürokratischen Aufwand kommt hinzu, dass der Pflege-Rettungsschirm Ende Juni ausgelaufen ist. Dadurch erhalten die Heime keine Kostenerstattung mehr für externes Personal wie Studierende, das die Testnachweise kontrollieren könne. Diese Aufgabe müsse dann das Heimpersonal übernehmen, das sowieso schon am Limit sei.

DRK und Johanniter wollen weiterhin mit ihren Testcentern in der Fläche präsent bleiben und vertrauen darauf, dass Testpersonen wahrheitsgemäße Angaben machen. Kontrollieren können sie es nicht.

Wegen Zuzahlung weniger Frequenz

Das Kreisgesundheitsamt befürchtet, dass sich wegen der Zuzahlung voraussichtlich deutlich weniger Menschen als bislang testen lassen. Das gelte im Besonderen für Personengruppen mit geringem Einkommen. Zugleich senke der Bund die Kostenerstattung für Bürgertests um zwei Euro auf 9,50 Euro ab. Es sei fraglich, ob dann die flächendeckende Zahl an Testcentern noch gewährleistet sei.

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