25. Juli 2022, 13:00 Uhr

Gießen

Streik gegen Personalabbau und Ausgliederung

Mit einem zweitägigen Streik hat Verdi auch in Gießen den Druck auf den Rhön-Konzern verstärkt, einen Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung abzuschließen.
25. Juli 2022, 13:00 Uhr
Beschäftigte des Uniklinikums in Gießen beteiligten sich an einem zweitägigen Warnstreik, um auf ihre unsichere Situation aufmerksam zu machen. Foto: Häuser

Weil der Rhön-Konzert als privater Betreiber des Klinikums die Frist zur Kündigung des sogenannten Zukunftspapiers 2017 mit dem Land Hessen wahrgenommen hat, befürchtet Verdi nun von Beginn des kommenden Jahres an Ausgliederungen und Kündigungen. Zudem laufe die Übernahme der Auszubildenden aus.

Absurdität in Zeiten von Personalmangel

Verdi-Fachsekretär Fabian Dzewas-Rehm nannte es vor den Protestierenden am Haupteingang des Uniklinikums absurd, in Zeiten von Personalmangel in Krankenhäusern für Beschäftigungssicherung eintreten zu müssen. Sollte es nicht zu einer Einigung zwischen Rhön und der Landesregierung kommen, müsse mit Stellenabbau gerechnet werden. Bereichen wie Verwaltung, Technik und IT drohe zudem die Ausgliederung. »Diese Zukunft wollen wir auf keinen Fall und muss verhindert werden«, sagte Dzewas-Rehm. Auf den Punkt brachte es Jugend- und Auszubildendenvertreter Janik Bohny: »Der Personalmangel von heute ist die tote Oma von morgen.«

Sollte es zu keiner Einigung kommen, will Verdi nach der Sommerpause auch Protestkundgebungen bei der Landesregierung in Wiesbaden organisieren. Das Land schiebt seinerseits die Verantwortung an die Rhön AG weiter. Krankenpfleger Ulrich Stroh zitierte aus einem aktuellen Schriftwechsel mit Ministerpräsident Boris Rhein. Darin heißt es, mit »Maximalpositionen für konzerneigene Interessen« drohe die Rhön-Klinikum AG Angebote des Landes auszuschlagen, unter anderem Landesmittel in Höhe von knapp einer halben Milliarde Euro. Damit sei der im Januar vereinbarte »Letter of Intent« in Frage gestellt. »Wir waren bereit, das Zukunftspapier um zwei weitere Jahre zu verlängern und nach möglichen neuen Lösungen zu suchen«, versicherte Rhein.

Die Gewerkschaft pocht auf ihre Forderungen. »Das UKGM könnte mithilfe einer tariflichen Regelung Sicherheit schaffen. Das wäre das Mindeste. Eigentlich braucht es für gute Arbeitsbedingungen aber viel mehr«, führt Dzewas-Rehm aus. »Wir brauchen mehr Personal für alle Bereiche des Klinikums. Die Übernahme der Azubis wäre hier ein wichtiger Schritt.« Wenn sich der Rhön-Konzern weigere, einen Tarifvertrag abzuschließen, sollen zeitnah weitere Aktionen erfolgen.

Neuer »Zukunftsvertrag« als Grundlage

Rhön selbst sieht einen neuen Zukunftsvertrag mit dem Land als Voraussetzung für den erneuten Abschluss eines Beschäftigungstarifvertrages, wie ihn Geschäftsführung und Verdi schon 2018 abgeschlossen hatten. »Mit einem neuen ›Zukunftsvertrag‹ würde gelten, dass alle Gewinne des UKGM am Uniklinikum blieben und wieder investiert würden. Auch betriebsbedingte Kündigungen sowie Ausgliederungen von Abteilungen wären dann auch weiterhin ausgeschlossen. Ohne einen solchen neuen ›Zukunftsvertrag‹ jedoch fehlt dafür die wirtschaftliche Grundlage«, widerspricht der Vorsitzende der Geschäftsführung, Dr. Gunther K. Weiß, den aktuellen Forderungen der Gewerkschaft in einer schriftlichen Stellungnahme. »In der jetzigen Situation - mitten in den Verhandlungen mit dem Land Hessen und immer noch ohne konkrete Ergebnisse - sehen wir keine Grundlage für einen solchen Beschäftigungstarifvertrag.«

In den Verhandlungen zwischen der Rhön-Klinikum AG und dem Land Hessen um einen neuen »Zukunftsvertrag« für das UKGM gehe es laut Rhön AG auch um eine »zukünftige auskömmliche Investitionsförderung für das Uniklinikum«. Anders als alle anderen Universitätskliniken in Deutschland erhalte das UKGM seit der Privatisierung 2006 die ihm zustehenden staatlichen Investitionsfördermittel nur noch in sehr geringer Höhe. Das verstoße gegen den im Grundgesetz festgeschriebenen Gleichbehandlungsgrundsatz, weshalb die Rhön-Klinikum AG das Land - gestützt durch mehrere Rechtsgutachten - aufgefordert habe, das UKGM wieder in die »duale Krankenhausfinanzierung« aufzunehmen: Betriebsmittel kämen dann von den Krankenkassen und Investitionsmittel vom Land Hessen. (hä)

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