Diese D-Monobodies zeigen eine außergewöhnliche Stabilität gegenüber Abbauprozessen und Müllabfuhr in den Zellen und binden hochspezifisch an Zellstrukturen, die als zentrale Treiber der chronisch myeloischen Leukämie (CML) gelten.
Sichere Krebstherapie möglich?
Die neuen Proteine unterdrücken gezielt die Krebsprotein-Aktivität und könnten den Weg zu wirksamen und sicheren Krebstherapien ebnen, vermuten die Forscher und Forscherinnen um die Doktorandin Nina Schmidt aus der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Oliver Hantschel vom Institut für Physiologische Chemie der Philipps-Universität Marburg. Sie berichten über ihre Ergebnisse im Fachblatt »Nature Communications«.
Die D-Monobodies nutzen ihre molekulare Stabilität und spezifische Bindungseigenschaften, um die enzymatische Aktivität des Krebs verursachenden Proteins BCR::ABL1 direkt zu hemmen. Dies ist ein entscheidender Schritt beim Bekämpfen von Krebsarten wie CML, bei denen herkömmliche Ansätze häufig an Resistenzproblemen scheitern. Ihre Eigenschaften - erhöhte Stabilität in vivo und eine immunreaktionsvermeidende Struktur - machen sie zu vielversprechenden Kandidaten für neue biotherapeutische Ansätze, die gezielt Signalwege in Krebszellen blockieren, ohne gesunde Zellen zu beeinträchtigen.
Strukturen müssen gedreht werden
Diese D-Monobodies kommen nicht in der Natur vor. D steht lateinisch für dexter (= rechts), während L für lateinisch laevus (= links) steht. Damit beschreiben Forscher die Händigkeit oder den Drehsinn einer Molekülstruktur. Die Aminosäuren als Bausteine der Eiweiße kommen in der Natur nur linksgedreht vor, in L-Konfiguration.
Den Forschenden ist es nun gelungen, zunächst durch Laborversuche Bindeproteine in natürlicher L-Konfiguration herzustellen und dann durch chemische Synthese in die spiegelbildliche D-Konfiguration zu überführen. Als Doktorandin hatte Nina Schmidt fachbereichsübergreifend die chemische Synthese und Charakterisierung in den Labors des Biochemikers Prof. Dr. Oliver Hantschel am Fachbereich Medizin und der Chemikerin Prof. Dr. Olalla Vázquez am Fachbereich Chemie vorangetrieben. »Es ist faszinierend, dass diese hochkomplexen dreidimensionalen Proteinstrukturen chemisch hergestellt und gewissermaßen im Reagenzglas gefaltet werden können«, sagt Erstautorin Nina Schmidt. Die spiegelbildlichen Proteine weisen dabei dieselben biochemischen Eigenschaften auf: Sie binden das Krebsprotein. Sie haben aber auch Vorteile, wie die Forscher nachweisen konnten: Die Spiegel-Proteine haben eine höhere biochemische Stabilität in Zellen, werden also nicht so schnell abgebaut oder von der zelleigenen Müllabfuhr weggeräumt. Zudem lösen die Proteine in D-Konfiguration keine Immunantwort aus. Das macht sie interessant als Medikament, kommentiert Nina Schmidt die Ergebnisse.