11. August 2021, 13:00 Uhr

Marburg

Schnell reanimieren bei Herz-Kreislauf-Stillstand

Bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand muss schnellstmöglich und idealerweise bereits durch Laien mit einer Reanimation begonnen werden.
11. August 2021, 13:00 Uhr
Einweisung in Stadtallendorf: Die CCSV-Beatmung kommt bei Bedarf ergänzend zu den vorhandenen Geräten in den Notarzteinsatzfahrzeugen zum Einsatz. Foto: RDMH

Ziel ist, einen Minimalkreislauf wiederherzustellen und die Sauerstoffversorgung vor allem von Gehirn und Herz aufrechterhalten zu können. Bei der Wiederbelebung sind Herzdruckmassage und Beatmung notwendig, die in einem fixen Verhältnis zueinander durchgeführt werden. In Deutschland erleiden jährlich rund 96.000 Menschen einen plötzlichen Kreislaufstillstand, ungefähr die Hälfte davon wird durch den Rettungsdienst, eine Notärztin oder einen Notarzt reanimiert. Weniger als ein Viertel aller betroffenen Personen erreicht ein Krankenhaus, und nur zehn Prozent aller Wiederbelebten bleiben auch am Leben.

Zahl erfolgreich Wiederbelebter steigern

Der Landkreis Marburg-Biedenkopf bemüht sich seit vielen Jahren, die Zahl der erfolgreich wiederbelebten Patientinnen und Patienten zu steigern. Dabei sind sowohl die intensive Schulung von Unkundigen wie auch die Ausbildung von Ersthelfern und -helferinnen wichtige Elemente, denn nur durch deren Mithilfe wird eine erfolgreiche »Überlebenskette« gestartet. Die Rettungsdienstmitarbeitenden sowie Notärztinnen und Notärzte befinden sich in einer kontinuierlichen Schulung von Reanimationsmaßnahmen mit dem Ziel, jeden noch so kleinen Faktor zu optimieren. Dabei ist es auch wichtig, die Daten der im Landkreis erfolgten Wiederbelebungsergebnisse anonymisiert in ein bundesweites Reanimationsregister einzutragen, um so einen Vergleich mit anderen Regionen Deutschlands zu ermöglichen und ausreichende Daten für wissenschaftliche Auswertungen zu generieren.

Erfreulicherweise schlagen sich die intensiven Bemühungen im Landkreis auch in Zahlen nieder. Während im Jahr 2020 bundesweit 8,3 Menschen pro 100.000 Einwohner und Jahr lebend aus dem Krankenhaus entlassen wurden, lag dieser Wert in Marburg bei 19,1. Auch wenn diese Vergleichszahlen zunächst einmal positiv aussehen, gibt es weitere Hinweise zu möglichen Verbesserungen der Überlebenschance eines Menschen mit Herz-Kreislauf-Stillstand.

Derzeit ist noch nicht wissenschaftlich erwiesen, ob - und wenn ja, in welcher Form - Beatmung während der Reanimation eingesetzt werden soll. Es gibt jedoch Anzeichen, dass ein speziell für die Wiederbelebung entwickelter Beatmungsmodus, genannt Chest Compression Synchronized Ventilation (CCSV), in dieser Hinsicht hilfreich sein kann. Durch die parallel zur Herzdruckmassage durchgeführte Beatmung wird hierbei die Lunge während der Thoraxkompression mit Luft gefüllt. Das Herz wird gleichzeitig stärker komprimiert, wodurch mehr Blut in den Kreislauf gepumpt wird.

Der DRK-Rettungsdienst Mittelhessen (RDMH) und das Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM), Standort Marburg, haben ein gemeinsames Projekt gestartet, um CCSV zu integrieren. Dieser Beatmungsmodus ist bereits in kleinerem Umfang zum Einsatz gekommen. Der RDMH hat zusätzliche Beatmungsgeräte mit der CCSV-Softwareoption beschafft.

CCSV-Beatmungsgeräte bei Bedarf

»Die Beatmungsgeräte werden während des Projekts ergänzend zu den vorhandenen Geräten in den Notarzteinsatzfahrzeugen im Landkreis Marburg-Biedenkopf vorgehalten und bei Bedarf von den tätigen Notärztinnen und Notärzten verwendet«, erklärt RDMH-Betriebsleiter Jan Orendt. Angelegt ist das im Mai gestartete Projekt auf 24 Monate.

Sobald das Projekt abgeschlossen und die erhobenen Daten ausgewertet sind, wird entschieden, ob die CCSV-Beatmung auf allen Rettungsmitteln vorgehalten wird. Dafür ist keine Neuanschaffung der Geräte notwendig. Die entsprechende Softwareoption kann bei Bedarf auf den RDMH-Bestandsgeräten nachgerüstet werden.

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