11. November 2021, 13:00 Uhr

Marburg

Neue Facetten für den Begriff Heimat

Drei innovative Ansätze zur Vermittlung von Brauchtum und Geschichte hat der Landkreis Marburg-Biedenkopf mit seiner höchsten Kulturauszeichnung, dem Otto-Ubbelohde-Preis, belohnt.
11. November 2021, 13:00 Uhr
Otto-Ubbelohde-Preis für Kulturschaffende aus dem Landkreis: Erster Kreisbeigeordneter Marian Zachow (hinten rechts) und Kreistagsvorsitzender Detlef Ruffert (rechts) beglückwünschten die Preisträgerinnen und Preisträger. Foto: Heike Döhn/Landkreis

Der mit je 1.000 Euro dotierte Preis ging an die Fotografin Anna Scheidemann aus Marburg, den Trachtenspezialisten Klaus-Peter Fett, bekannt als Kunstfigur »s’Anna«, aus Wollmar und den Verein Amöneburg 13Hundert. Die Jury hatte aus 64 Bewerbungen ausgewählt und damit Kulturschaffende gekürt, die »Altbekanntes neu erscheinen lassen«, so der Erste Kreisbeigeordnete Marian Zachow, der die Ausgezeichneten würdigte.

In die Welt der Märchen versetzt

Festredner und Ubbelohde-Preisträger 2019 Philipp Layer versetzte das Publikum gemeinsam mit Christa Weber an der Harfe in die Welt der Märchen. Seinen Vortrag »Der Froschkönig« illustrierte er mit Ubbelohdes Märchenzeichnungen und machte deutlich, wie Märchen die Perspektive verändern und neue Wege öffnen können. Ebenso wie die Kunst Ubbelohdes und wie die Preisträger, so Zachow. Denn dies sei der rote Faden, der alle drei Preisträger verbinde: »Sie geben dem Begriff Heimat eine neue Facette.« Der Landkreis Marburg-Biedenkopf wolle jedem Heimat sein, der sich dort wohlfühle, egal, wie lange er dort schon lebe, sagte Zachow. Das spiegele sich auch in den Fotografien der aus der Ukraine stammenden Fotografin Anna Scheidemann wider, die international agiert, aber mit ihren Fotografien zum Thema Tracht ganz im Landkreis verwurzelt ist. Ihre Fotos im Stile alter Meister zeigen Männer und Frauen in Tracht - klassische Trachtenträgerinnen ebenso wie gepiercte junge Frauen oder Männer mit Tattoos. »Sie zeigen Menschen, wie sie sind, nicht, wie man sie erwartet«, betonte Zachow.

Das Spiel mit Identitäten wagt auch Klaus-Peter Fett seit vielen Jahren. Er war über 20 Jahre Vorsitzender der Trachtengruppe Wollmar und ist Vorsitzender des dortigen Gesangvereins. Weitere Wirkungsfelder sind die hessische Vereinigung für Tanz- und Trachtenpflege und die Volkskunstgilde. Vor allem aber vermittelt Fett Traditionen an junge Menschen, damit diese sie fortführen können. Das gelingt ihm auch durch seine Verkörperung der Figur »s‘ Anna«, in deren Rolle er weithin bekannt ist. »Mit Humor und Charme lassen Sie die Tracht in der Gegenwart ankommen«, würdigte Zachow. Klaus-Peter Fett erinnerte an seine Großmütter, die ihn geprägt hätten und mit ihrer direkten Art Vorbilder für »s‘ Anna« seien.

Ganze Stadt mit ins Boot geholt

Die Auszeichnung für den im Juni 2018 gegründeten Verein »Amöneburg 13Hundert« sei etwas ganz Besonderes, sagte Zachow. »Denn wir zeichnen im Grunde einen ganzen Ort aus.« Der Verein, der sich für die Feier des Stadtjubiläums ambitionierte Ziele gesetzt und diese auch unter schwierigen Pandemiebedingungen weiterverfolgt hat, habe die gesamte Stadt mit ins Boot geholt und unzählige Unterstützer. Der Verein gestalte das Jubiläum nachhaltig, sodass Geschichtsbewusstsein und Zusammenhalt auch über die Feierlichkeiten hinaus bestehen bleiben.

»Sie machen aus dem Stadtjubiläum nicht nur eine Feier der Vergangenheit, sondern blicken in die Zukunft und machen so deutlich, dass Traditionspflege nicht nur das Bewahren von Erinnerungen ist«, betonte Zachow.

In diesem Bemühen sei nicht nur die herausragende Veröffentlichung »1300 Jahre Amöneburg - Dem Himmel so nah« entstanden, sondern auch das Projekt »Amöneburger Häuser erzählen«. Der 175 Mitglieder zählende Verein habe mithilfe vieler Unterstützer - lange ansässiger und zugezogener - die Heimat neu entdeckt, erzählte Carmen Gebhard im Namen des Vereins. Und dieser wolle auch in den kommenden Jahren weiter Menschen zusammenführen.

Der Otto-Ubbelohde-Preis wurde in diesem Jahr bereits zum 35. Mal vergeben. Er ist nach dem Künstler Otto Ubbelohde benannt und wird für besondere Leistungen in den Bereichen Kunst, Heimatgeschichte, Pflege des heimischen Brauchtums, Beschäftigung mit dem Werk Otto Ubbelohdes und der Denkmalpflege vergeben.

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