Ein halbstündiger Fußmarsch führt die Gruppe der Marbacher Grundschulkinder von der Bushaltestelle am Ginseldorfer Weg bis tief in den Wald, zu der Stelle, die das Hessische Forstamt für die Bepflanzungsaktion auserkoren hat. Vor Ort wartet dann bereits Rainer Kraus. Im Gepäck hat der Forstwirt die 40 Bergahorn-Setzlinge, die ins Erdreich gebracht werden sollen.
Bergahorn werde derzeit besonders gerne verwendet, erklärt Kraus, da dieser äußerst robust und anpassungsfähig sei: »Die Baumart kommt gut mit Klimaveränderungen klar, also auch dann, wenn es längere Zeit mal trocken ist.« Außerdem fördere Bergahorn die Biodiversität, er sei widerstandsfähig gegenüber Schädlingen und biete wertvolles Holz für die Forstwirtschaft.
Fundiertes Wissen der Kinder ist kein Zufall
Doch bevor die Spaten zum Einsatz kommen, gibt es noch eine spielerische Lehrstunde für die kleinen Waldentdecker. Sonja Lange und Jakob Bartuli vom Jugendwaldheim Roßberg fragen, warum das Einpflanzen neuer Bäume und der Wald im Allgemeinen so wichtig für das Leben auf der Erde sind. »Weil die Bäume das CO2 aufnehmen und da Holz draus machen«, klingt eine Stimme aus der Schüler-Gruppe. »Genau richtig«, stimmt Pädagoge Jakob Bartuli zu. Die Kinder erklären, wie sich Humus von tieferliegenden Erdschichten unterscheidet und was der Treibhauseffekt ist. Letzterer wird dann im einem Spiel mit den Kindern in den Rollen von Sonnenstrahlen, Atmosphäre und CO2-Teilchen anschaulich nachgestellt. Das fundierte Wissen der Schüler über die Natur kommt nicht von ungefähr: Denn die Baumpflanzaktion im Wald zwischen Marburg und Ginseldorf ist ein Teil des »Wald-Entdecker«-Projekts, das von der Stadt Marburg initiiert wurde. Dieses startete im Schuljahr 2022/2023 mit der Erich Kästner-Schule, der Grundschule Marbach und der Waldschule Wehrda. Seitdem findet für die Kinder einmal pro Woche ein ganzheitliches Lernen mit und in der Natur statt.
»Die regelmäßigen Aktivitäten im Wald fördern das ganzheitliche Lernen und stärken zugleich das Umweltbewusstsein der Kinder. Sie erleben die Natur unmittelbar und entwickeln dadurch ein besseres Verständnis für ökologische Zusammenhänge«, erklärt Bürgermeisterin Nadine Bernshausen. Aus diesem Grund setzt sich die Schuldezernentin auch weiterhin für das Projekt ein.
Auf die richtige Technik kommt es an
Nun wollen die Kinder aber endlich in Aktion treten. Mit Spaten und Hohlspaten gehen sie in Begleitung der Erwachsenen durch das Unterholz zu den mit roten Farbpunkten markierten Stellen auf einer Lichtung. Jetzt zeigt Forstwirt Kraus, wie der Spaten in den Boden gerammt und wie tief gegraben werden muss, damit die kleinen Bäumchen, die von Hessen Forst gespendet wurden, auch gut gedeihen.
Dabei müssen die Wurzeln gut an die Seiten des Lochs angelegt werden und die Erde darf beim wieder Einfüllen nicht zu fest angedrückt werden, erklärt Kraus geduldig. Die Schüler haben gut aufgepasst und schnell finden die ersten Pflanzen eine neue Heimat.
Für Erzieherin Anja Jung ist nicht nur der Tag ein voller Erfolg, sondern das ganze »Waldentdecker«-Projekt an sich. »Es ist so schön zu sehen, wie die Kinder in und mit der Natur lernen. Und da auch alle beteiligten Lehrkräfte in Bezug auf Waldpädagogik ausgesprochen gut geschult wurden, ist es bestimmt auch für sie eine wertvolle Erfahrung, wie Unterricht gestaltet werden kann. Es sind alle sehr engagiert, die an diesem Projekt beteiligt sind.«