24. Februar 2025, 13:00 Uhr

Marburg

Großteil der Büros im Landgrafenhaus wieder nutzbar

Das finale Gutachten zum Deckeneinsturz in einem großen Hörsaal im Landgrafenhaus der Marburger Universität liegt vor. Der Einsturz der Decke lässt sich demnach nicht auf eine einzelne Ursache zurückführen.
24. Februar 2025, 13:00 Uhr
Zur statischen Untersuchung wurden an verschiedenen Stellen Decken in Büros, Seminarräumen und Hörsälen im Landgrafenhaus geöffnet. Foto: Markus Farnung

Laut Gutachten führten mehrere Faktoren zum Einsturz in der Nacht zum 3. Dezember 2023, die in dieser Form ein einmaliges Zusammenwirken erfuhren:

• Materialermüdung aufgrund von Korrosion im Inneren von Stahlstäben und flachen Stahllaschen in der Aufhängung der Deckenbalken. Dies war von außen nicht sichtbar.

• Die Korrosion wird auf erhöhter Feuchtigkeit (Kondensation) an der 2010/2011 aufgebrachten Dämmschicht infolge abgesenkter Heiztemperatur aufgrund der Pandemie angenommen im Zusammenhang von erhöhter Last auf der Decke durch Dämmung und Lüftung.

• Schneller Temperaturabfall unter den Gefrierpunkt in der Nacht zum 3. Dezember 2023.

• Uneinheitliche Stahlqualität und daher insgesamt verminderte Festigkeit. Der Stahl wurde im ersten Weltkrieg produziert.

Durch das Zusammenwirken aller Faktoren wurde die Last der Zwischendecke wahrscheinlich zu groß für das Tragsystem. Nach der Materialprüfung wird davon ausgegangen, dass zunächst eine Aufhängung an einem Stahlstab versagte und danach eine Kettenreaktion einsetzte.

Die Konstruktion der Decke aus den Jahren 1915/1916 war an der Universität einmalig. Die weitgespannte Decke war an 12 Stahlstäben aufgehängt. Flache Stahllaschen am unteren Ende jedes Stabes umfassten vier große Holzbalken, die die eigentliche Zwischendecke trugen. Insgesamt haben beim Einsturz neun Aufhängungen versagt, acht der Stahllaschen sowie ein Stab.

Statische Prüfung und weiteres Vorgehen

Nach dem Einsturz wurden ausgewählte tragende Bauteile intensiv überprüft. Dazu wurden an verschiedenen von zwei unabhängigen Statik-Büros vorgegebenen Stellen Decken und Fußböden geöffnet, um das Baumaterial zu prüfen und anhand der Ergebnisse die Statik einzelner Räume und des gesamten Gebäudes zu berechnen.

Das Ergebnis dieser Prüfung liegt nun ebenfalls vor. Danach erfüllt ein Großteil des Gebäudes die statischen Anforderungen. Büros und Räume zur Universitätsstraße hin können großenteils im ersten Quartal 2025 wieder bezogen werden. Die Räume dazu sind wieder hergerichtet worden.

Im Gebäude gibt es insgesamt vier Hörsäle. Drei davon sollen zum Wintersemester 2025/2026 wieder nutzbar sein. Vorsorglich werden bei zweien die Deckenkonstruktionen verstärkt und bei einem weiteren die Unterdecke erneuert. Die Büros, die über den beiden kleinen Hörsälen liegen, können ebenfalls voraussichtlich zum Wintersemester genutzt werden.

Zeitplan für den großen Hörsaal

Die Planung für den großen Hörsaal kann nun nach Vorliegen des finalen Gutachtens anlaufen. Bis der Hörsaal wieder genutzt werden kann, werden voraussichtlich mehrere Jahre vergehen. Die Kosten für die Wiederherstellung der Büros und der kleineren Hörsäle werden derzeit auf rund 600.000 Euro geschätzt.

Für die Wiederherstellung des großen Hörsaals gibt es noch keine Kostenschätzung, da die Planung dafür noch nicht weit genug fortgeschritten ist.

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