07. September 2025, 13:00 Uhr

Fernwald

Fit für den Straßenverkehr

Der Landkreis Gießen hat mit Kooperationspartnern in Fernwald erstmalig einen Fahrrad-Lern-Kurs angeboten.
07. September 2025, 13:00 Uhr
Radfahrlehrerin Zena El-Jaaran (vorne l.) gibt den Teilnehmerinnen wertvolle Tipps, wie sie ihren Gleichgewichtssinn schulen können. Foto: Landkreis

Wer im Kindesalter Fahrradfahren gelernt hat, profitiert davon das ganze Leben. Was ist aber mit denjenigen, die dazu bisher nicht die Gelegenheit hatten? Bei manchen hat Radfahren möglicherweise in ihrem Herkunftsland einen ganz anderen Stellenwert. Andere trauen sich aufgrund eines Unfalls nicht mehr aufs Rad. An dieser Stelle setzt der Fahrrad-Lern-Kurs an, den der Landkreis Gießen und die WIR-Koordination in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Fernwald, Meredith Wicklund von der Gemeinwesenarbeit (ZAUG) und dem AdiNet Mittelhessen erstmalig angeboten hat.

Selbstvertrauen und Freude

Hinter dem Rathaus in Fernwald herrschte reges Treiben. Fünf Frauen drehen Runden auf Tretrollern und trainieren ihren Gleichgewichtssinn. Unter ihnen war Zena El-Jaaran, zertifizierte Radfahrlehrerin - und sie hatte ein festes Ziel: »Am Ende dieser Woche werden alle fünf Frauen Rad fahren können und die grundlegenden Verkehrsregeln beherrschen«, sagte sie überzeugt. »Denn«, so El-Jaaran weiter, »das Gefühl von Erfolg bestärkt ihr Selbstvertrauen und Freude an Bewegung, die sie ohnehin schon hatten.«

Radeln nicht überall selbstverständlich

Zum Auftakt des Kurses waren Landrätin Anita Schneider und Bürgermeister Manuel Rosenke zu Gast. Beide wollten sich ein Bild von diesem besonderen Projekt machen, das nun in eine neue Phase eintritt. Denn dank der Zusammenarbeit mit El-Jaaran können in Zukunft mehr Kurse in weiteren Kommunen angeboten werden.

»Mobilität ist für Frauen, die auf dem Land leben, ein besonderes Thema. Für diejenigen, die kein Auto besitzen, reichen die Angebote des ÖPNVs oft nicht aus. Deshalb ist das Rad auch aus ökologischen Gründen ein wichtiges Fortbewegungsmittel im Alltag«, sagte Landrätin Schneider. Dies sei eine Entwicklung, die der Landkreis gerne fördern möchte, denn »solche Angebote fördern gezielt die Eigenständigkeit und Bewegungsfreiheit. Sie tragen dazu bei, dass die Teilnehmenden mit einem geringen finanziellen Aufwand mobil sein können. Wichtig ist, dass ein solches Angebot es den Teilnehmenden ermöglicht, in einem geschützten Raum etwas ganz Wesentliches lernen zu können, das ihren Alltag erleichtern und die Integration in unsere Gesellschaft stärken wird.«

Auch Manuel Rosenke, Bürgermeister der Gemeinde Fernwald, war an diesem Vormittag mit dabei und beobachtete, wie akribisch die Frauen lernen - und Fortschritte machen: »Für uns erscheint es selbstverständlich, mit dem Fahrrad unterwegs zu sein, weil die meisten von uns das Radfahren bereits mit vier oder fünf Jahren erlernt haben. Wir müssen aber respektvoll damit umgehen, dass diese Kompetenz in anderen Ländern längst keine Selbstverständlichkeit ist. Dieses Angebot ist ein wichtiger Schritt, der es den Teilnehmenden ermöglicht, ohne Auto schnell und sicher von A nach B zu kommen.«

Umweltbewusst, sicher und selbstständig

An dem Kurs teilnehmen können grundsätzlich Erwachsene mit oder ohne Migrationsbiografien, um das Fahrradfahren zu erlernen: »Es kommt nicht darauf an, woher wir kommen. Fakt ist, dass es vielfältige Gründe gibt, warum eine Person kein Radfahren gelernt hat. Unser Angebot soll alle diese Menschen ansprechen. Da uns der Bedarf bisher nur von Frauen zurückgemeldet wurde, gibt es das Angebot nun erstmal für diese Gruppe«, erläuterte Maria von Kalckreuth, die WIR-Koordination des Landkreises Gießen.

Sechs Tage dauert der Kurs, der für die Teilnehmerinnen einiges verändern soll. Nachdem sie auf den Tretrollern zunächst das Gleichgewicht trainiert und einige Grundlagen wie das Anfahren, Bremsen und Lenken erlernt haben, geht es auf den Fahrrädern weiter. Neben der Technik sind Themen wie Sicherheit, die Bedeutung von Verkehrszeichen oder die Notwendigkeit von Helm, Licht und Reflektoren wichtig.

Am Ende der Woche hatten alle Teilnehmerinnen das Ziel erreicht und hielten ihr Zertifikat in den Händen. Sie sind stolz auf das Erreichte und freuen sich, dass sie künftig umweltbewusst unterwegs sein können - ohne auf andere angewiesen zu sein.

Noch in diesem Jahr sollen weitere Kurse in Grünberg, Staufenberg und Laubach folgen.

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