28. Juni 2023, 13:00 Uhr

Marburg

Diakonie-Krankenhaus fordert finanzielle Soforthilfe

Drastisch gestiegene Kosten sowie massive Unterfinanzierung - darunter leiden viele Kliniken. Daher fand der Protesttag unter dem Motto »Alarmstufe rot - Krankenhäuser in Not!« auch in Wehrda statt.
28. Juni 2023, 13:00 Uhr
Mehr als 100 Beschäftigte des DGD Diakonie-Krankenhauses Wehrda nahmen an der Protestkundgebung zum Aktionstag »Alarmstufe rot - Krankenhäuser in Not« teil. Foto: DGD-Stiftung

Im DGD Diakonie-Krankenhaus Wehrda gab es dazu eine Kundgebung. Denn, so verdeutlicht die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG): Das Defizit aller Krankenhäuser in Deutschland liege derzeit bereits bei knapp 7,3 Milliarden Euro - und steige pro Stunde um rund 570.000 Euro an.

»Mögliche Insolvenzen werden akzeptiert«

DKG-Vorsitzender Dr. Gerald Gaß wirft der Regierung vor, dass - wohl auch vor dem Hintergrund der angekündigten Krankenhausreform - »die Politik tatenlos den kalten Strukturwandel in der Krankenhausversorgung über Insolvenzen akzeptiert«.

Die Bevölkerung habe zurecht die Sorge, dass Krankenhausstandorte aus wirtschaftlicher Not heraus geschlossen würden, »die wir aber in Zukunft für eine flächendeckende Gesundheitsversorgung dringend brauchen werden. Ohne ein Vorschaltgesetz werden wir viele Kliniken verlieren, bevor die von Minister Lauterbach propagierte Reform überhaupt greifen kann«, so Gaß. Dieses geforderte »Vorschaltgesetz« müsse einen fairen Ausgleich für die massiv gestiegenen Kosten schaffen.

»Arbeitsplätze in Wehrda sind sicher«

Forderungen, die auch Sebastian Spies, Geschäftsführer des DGD Diakonie-Krankenhauses Wehrda, unterstützt. Er betonte vor den rund 100 Beschäftigten, dass die Krankenhausreform derzeit in aller Munde sei und auch viele Sorgen auslöse. »Daher will ich es deutlich betonen: Eure Arbeitsplätze hier in Wehrda sind sicher.«

Gleichwohl treibe das Thema Finanzierung und Versorgungssicherheit ihn durchaus um - dafür »gibt es in der Gesellschaft aber gerade keine Plattform«, so Spies. Während der Corona-Zeit hätten alle auf die Krankenhäuser geschaut, doch nun sei die Pandemie Vergangenheit, die Kliniken seien wieder ein Stück weit vergessen.

Hohe Qualität auch in kleinen Kliniken

»Gesundheitsminister Lauterbach sagt, 25, 30 oder 40 Prozent der kleinen Kliniken könnten von der Bildfläche verschwinden. Doch was die kleinen Kliniken sind, darauf gibt es gar keine Antwort«, verdeutlicht Spies. Und betont: »Auch die kleinen Kliniken liefern Qualität.« Eine Reform sei wichtig, »aber es kann nicht sein, die kleinen Krankenhäuser einfach beiseite zu wischen«, kritisiert er. »Wir sind bereit für Veränderungen, für neue Strukturen und dafür, den gestiegenen Anforderungen gerecht zu werden«, sagt Spies. »Wir wollen und können unseren Patienten moderne und gute Medizin anbieten, aber dafür brauchen alle Kliniken die Arbeitsmittel und die Infrastruktur.«

Schnellere Hilfen gegen die Inflation

Bis die Reform greife, würden Monate und Jahre ins Land gehen. »Die Inflation, die die Kosten um bis zu 200 Prozent in die Höhe getrieben hat, gibt es aber jetzt. Wir können unsere Dienstleistungen und Angebote nicht teurer machen«, so der Geschäftsführer. Denn die Vergütungen seien fix vorgegeben. Die Politik habe zwar Zuschüsse avisiert, die vielleicht im September oder gar erst im Januar kommen könnten. »Doch bis dahin sind viele Krankenhäuser in die Knie gegangen und insolvent.«

Zum Glück gehöre das Diakonie-Krankenhaus Wehrda zu einem starken Verbund, sodass man sich nicht sorgen müsse. »Aber es kann doch nicht sein, dass man uns mit diesen gestiegenen Kosten im Regen stehen lässt.«

Medizin braucht richtige Finanzierung

Die Mitarbeiter in Wehrda würden gerne die modernste Technik anwenden und beste Medizin anbieten. »Dann muss ein Krankenhaus jedoch auch mit den entsprechenden Investitionen ausgestattet werden. Jedes neue Einfamilienhaus - egal, in welchem Dorf - ist meist moderner und attraktiver ausgestattet, als viele Stationszimmer, als so manche Küche, als Büros oder als Behandlungsräume in diesem und auch in vielen, vielen anderen Krankenhäusern.«

Für Sebastian Spies steht fest: »Wir müssen uns in dieser wohlhabenden Gesellschaft doch ein gut ausgestattetes Gesundheitswesen leisten können.« Es sei wohl jeder damit einverstanden, wenn Steuermittel und Gelder aus den Sozialversicherungsbeiträgen »in gute Krankenhäuser investiert werden. Wir wollen doch nicht dort sparen, wo wir kranke Menschen und alte Menschen in der Pflege versorgen«.

Die Investitionen der Häuser müssten unbedingt - anders als in der Vergangenheit - voll finanziert werden, um Investitionsstaus abzubauen und die Versorgung zu gewährleisten. Und wichtig sei es auch, die Hürden zwischen ambulantem und stationärem Sektor zu überwinden. »Hier muss dringend Barrierefreiheit für unsere Patienten geschaffen werden.«

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