15. September 2022, 13:00 Uhr

Marburg

»Braunes Marburg« erinnert an düstere Zeiten

»Marburg erinnern« lautet einer der Schwerpunkte zum Stadtjubiläum »Marburg800«. Dabei blickt die Stadt auch auf die düsteren Seiten ihrer Geschichte zurück.
15. September 2022, 13:00 Uhr
Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies mahnt bei der Gedenkstunde in Erinnerung an die aus Marburg deportierten Jüdinnen und Juden an, aus der Geschichte für die Zukunft zu lernen. Foto: Stadt Marburg

Diese Jahre der Stadtgeschichte werden auch mit dem neuen Themenweg »Braunes Marburg« aufgearbeitet. Der Stadtspaziergang wurde bei einer Gedenkveranstaltung für die deportierten jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger nach Riga, Sobibor und Theresienstadt vorgestellt.

»Uns an die Geschehnisse der Vergangenheit zu erinnern, ist sehr wichtig für die Gegenwart und die Zukunft. Denn nur so können wir Ereignisse aufarbeiten und aus den Fehlern der Vergangenheit lernen«, sagte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies zum Themenweg »Braunes Marburg«.

80. Jahrestag der Deportation

»Wir gedenken den 265 Menschen, die aus Marburg deportiert wurden«, sagte er am Dienstagabend, 6. September. Dann jährte es sich zum 80. Mal, dass um 19.10 Uhr ein Zug abfuhr, der Menschen deportierte. »Nur wenige überlebten. Diese Menschen waren Nachbarinnen, Schulfreunde, Arbeitskollegen - Menschen wie du und ich«, sagte Spies.

»Der neue Themenweg füllt eine Leerstelle in der Erzählung über die Geschichte der Stadt«, sagte Elisabeth Auernheimer, Vorsitzende der Geschichtswerkstatt Marburg. Seit 2002 erinnert der Verein mit einer Gedenkstunde an die drei Deportationen von jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern vom Marburger Bahnhof aus - nach Riga, nach Sobibor, nach Theresienstadt. Auch Vertreter der Religionsgemeinschaften nahmen an der Veranstaltung teil. Schülerinnen und Schüler begleiteten die Gedenkstunde musikalisch und verlasen die Namen der Deportierten. Auch in diesem Jahr waren wieder Angehörige aus Israel angereist.

Die Marburger Journalistin Gesa Coordes stellte während der Veranstaltung den neuen Themenweg »Braunes Marburg« vor. Bei dem Stadtspaziergang, den sie entwickelt hat, handelt es sich um ein Projekt der Geschichtswerkstatt Marburg zum Stadtjubiläum »Marburg800. Dabei bilden die jahrelangen Recherchen, Veröffentlichungen und Projekte der Werkstatt zur NS-Zeit die Grundlage.

Mit dem neuen Weg blickt die Stadt inhaltlich auch auf die düsteren Seiten ihrer 800-jährigen Stadtgeschichte zurück. Der Stadtspaziergang »Braunes Marburg« wurde genau 80 Jahre nach der letzten Deportation von Marburger Jüdinnen und Juden vorgestellt. »Wir müssen dem Thema einen Platz einräumen, damit sich die Geschichte nie wiederholt«, sagt Marburg800-Kurator Richard Laufner, der den Themenweg angeregt hat. Das Jubiläumsbüro unterstützte das Projekt auch finanziell.

Start an Hindenburgs Grab

Die Route startet an der Elisabethkirche. Denn hier liegt durch einen historischen Zufall das Grab des ehemaligen Reichspräsidenten Paul von Hindenburg. Weiter durch die Oberstadt begegnen einem eine Vielzahl an »Stolpersteinen«. Die Platten des Künstlers Gunter Demnik erinnern an Marburger Jüdinnen und Juden sowie an ihre Häuser, die einst Teil des Stadtbilds waren. Der Weg führt unter anderem über den »Garten des Gedenkens«. Dort zündete die SA am 9. November 1938 die Synagoge an. Der Stadtspaziergang dauert 45 Minuten, mit Nebenwegen - zum Beispiel zum Denkmal für die Deserteure des zweiten Weltkriegs in der Frankfurter Straße - auch bis zu zwei Stunden.

Den Flyer und weitere Infos gibt es unter www.marburg.de.

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