18. Mai 2022, 13:00 Uhr

Pohlheim

Asphaltkolonne nötigt fast zum Auftrag

Dubiose Asphaltkolonnen treiben zurzeit im Landkreis Gießen ihr Unwesen. Nach mindestens drei Fällen warnt die Polizei ausdrücklich vor den aggressiv angebotenen Offerten.
18. Mai 2022, 13:00 Uhr
Gerhold Häuser zeigt auf dem Außengelände seiner Autofirma, wo die Asphaltkolonne ohne Auftrag bereits einen 70 Meter langen Streifen bearbeitet hat. Foto: Häuser

In Pohlheim, Gießen und Lich versuchten britische Handwerker, Gewerbetreibenden neue Asphaltdecken für ihre Firmengrundstücke anzubieten. Betroffen waren ein Autohaus, ein Entsorgungsunternehmen und ein Containerdienst. In zwei der drei Fälle wurde auch die Polizei informiert. Ermittler des Betrugskommissariats schließen nicht aus, dass eine solche Kolonne ebenfalls private Hausbesitzer im Visier hat, um mit vermeintlich günstigen Dienstleistungen zu werben.

Ohne Auftrag mit Vorarbeiten begonnen

Bekanntschaft mit den »Handwerkern« machte am Montag Gerhold Häuser, Seniorchef des gleichnamigen Autohauses in Pohlheim. »Mit einer Warnweste bekleidet, kam ein gebrochen Deutsch sprechender Mann in die Firma«, erzählt Häuser. Sein Team hätte in Gießen Asphalt gemacht und irrtümlich zu viel bestellt. Das Material könne dem Autohaus geschenkt werden, nur die Arbeitszeit würde berechnet, meinte der angebliche Kanadier. »Der Mann inspizierte die Fläche am Autohaus und meinte dann, es sei genau der richtige Untergrund und die passende Größe.« 25 Euro pro Quadratmeter wurden als Fixpreis genannt.

Ziemlich überrumpelt, erbat sich Gerhold Häuser Bedenkzeit und verwies auf seinen Sohn als eigentlichen Eigentümer des Geländes. Zwischenzeitlich war der »Teamchef« mit seiner Asphaltkolonne in Fahrzeugen am Autohaus eingetroffen. Die Arbeiter - mit Pickeln und Schaufeln ausgerüstet - setzten ohne erteilten Auftrag einen Radlader und eine Walze in Gang, um eine 70 Meter lange Spur zu ziehen und den Weg zu begradigen.

»Halt! Ihr müsst warten, bis mein Sohn kommt«, versuchte Gerhold Häuser dem aufdringlichen Treiben ein Ende zu setzen. Als dann schließlich Christoph Häuser hinzu kam, zogen sich die beiden heimischen Geschäftsführer zur Beratung zurück. Im Internet machten sie unter dem Stichwort »Asphalt-Mafia« einige Maschen dieser Trupps aus. Weil auch der »Chef« der Truppe immer wieder Fragen nach dem Namen der Firma oder anderen Legitimationen ausgewichen war, erteilten sie der Kolonne eine Absage. »Nach etwa zwei Stunden war der Spuk vorbei. Aber es war schon heftig, in welch aufdringlicher Art diese Trupps auftreten«, resümiert Gerhold Häuser das Erlebnis.

Schnäppchen häufig eine Mogelpackung

Die Polizei hat aus aktuellem Anlass eine Warnmeldung herausgegeben: »Alles in allem klingt dies wie ein verlockendes Angebot, dem leider der eine oder andere Angesprochene erliegt. Allerdings stellt sich dann heraus, dass die Arbeiten sehr unprofessionell und äußerst mangelhaft ausgeführt werden. In der Vergangenheit hat sich manches Schnäppchenangebot derartiger Geschäfte als eine echte Mogelpackung erwiesen. Sehr oft entpuppt sich das Ganze als handfester Betrug oder Wucher. Typisch für die angebotenen Dienstleistungen ist auch der Umstand, dass die Handwerker auf Barzahlung vor Ort bestehen. Die unsachgemäßen Arbeiten führen oft zu Folgekosten. Regressansprüche verlaufen im Sande, weil diese Firmen in der Regel keinen festen Betriebssitz haben. Außerdem handelt es sich bei den Arbeiten zumeist um Schwarzarbeit, wobei daran zu denken ist, dass sich in diesem Fall auch der Auftraggeber strafbar macht.«

Daher rät die Polizei: »Prüfen Sie unangeforderte Angebote von Waren und Dienstleistungen grundsätzlich sehr kritisch. Schon die fadenscheinige Erklärung der Kolonnen, sie hätten noch einen Materialrest von einer anderen Baustelle übrig und könnten deshalb günstig arbeiten, ist in der Regel frei erfunden. Wichtig ist, dass beim Auftreten der Asphaltkolonnen sofort die örtliche Polizei verständigt wird.« (hä)

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