Das THM-Team des Hochschulsports von Dagmar Hofmann kümmert sich individuell um Belange von Menschen mit Beeinträchtigung - und findet etwa in Lara Benecke hilfsbereite Mitstudierende, die es schaffen, mit Aghajanis Tempo mitzuhalten.
In guten 28:11,3 Minuten joggte Saman Aghajani Mitte August fünf Kilometer durch die Gießener Innenstadt - je Kilometer also 5:38,3 Minuten. »Das schafft kein Anfänger«, zeigt sich Dagmar Hofmann beeindruckt. Die Leiterin des THM-Hochschulsports hat mit ihrem Team die Teilnahme der Hochschulangehörigen - von der Studentin über den Verwaltungsmitarbeiter bis zur Professorin - organisiert und dabei die Mail von Saman Aghajani in besonderer Erinnerung. Er wolle mitlaufen, brauche aber eine Unterstützung. »Von meinen Freunden hatte keiner Zeit oder war fit genug«, erinnert er sich. Also griff er zur Tastatur.
Aghajani ist, obwohl noch am Anfang seines Studiums, bereits ein bekanntes Gesicht auf dem Campus Wiesenstraße. Mit markanter Lockenfrisur bis über beide Augen und Langstock macht er keinen Hehl aus seiner Beeinträchtigung. Meist wird er begleitet von einem oder mehreren Kommilitonen, die ihn unterstützen, wo es nötig ist. Aber fünf Kilometer laufen? Saman ist groß, hat lange Beine. »Ich bin schon vor meinem Umzug nach Gießen regelmäßig gejoggt«, berichtet er. Es ist durchaus herausfordernd, mit dem Informatik-Studenten mitzuhalten.
Keine Berührungsängste
Eine Herausforderung, der sich Lara Benecke gerne stellte. Sie studiert Digital Media Systems und arbeitet parallel im BliZ, dem Zentrum für blinde und sehbehinderte Studierende der THM, das allen Studierenden mit Behinderung helfend zur Seite steht. »Ich hatte gar keine großen Berührungsängste und finde auch den nötigen Körperkontakt nicht schlimm«, sagt sie. Die Mail von Dagmar Hofmann, in der sie eine laufende Unterstützung suchte, beantwortete sie rasch, kurz darauf schrieben sich die beiden Studierenden. »Es gab schnell ein Vertrauensverhältnis«, berichtet Aghajani. Ohne wäre er auch kaum gelaufen.
Schneller als viele Sehende
Doch gemeinsames Training vor dem von der Lebenshilfe organisierten, gemeinnützigen Wettkampf? Schwer zwischen Vorlesungen und Prüfungen. »Wir haben uns beim Lauf zum ersten Mal getroffen«, sagt Aghajani und Benecke ergänzt: »Da habe ich plötzlich diese Verantwortung gespürt.« Sie laufe sonst nur allein, fast wie mit Scheuklappen. Plötzlich musste sie auf der zwar weitgehend ebenen Strecke auf Hindernisse wie Bordsteinkanten achten - und die auch so kommunizieren, dass ihr Laufpartner bestenfalls nicht aus dem Tritt kommt. »Einmal sind wir gestürzt«, sagt Lara Benecke lakonisch. Und trotzdem schneller ins Ziel gekommen als Hunderte Läuferinnen und Läufer ohne Behinderung.
»Es war eine tolle Erfahrung«, beschreibt Saman Aghajani seinen ersten Lauf in Gießen, »nächstes Jahr gerne wieder.« Fit hält er sich im hochschuleigenen Fitnessstudio, in dem Menschen mit Schwerbehinderung kostenfrei trainieren. Doch: »Ich hätte auch gerne einen Laufpartner fürs Training«, sagt er. »Das kriegen wir hin«, verspricht Dagmar Hofmann eine zweite Rundmail. Denn das ist ihr Anspruch: »Der Hochschulsport dient der Gesundheit und dem sozialen Wohlbefinden aller Studierenden und Beschäftigten. Auch Sportlerinnen und Sportlern mit Beeinträchtigungen wollen wir den Zugang so leicht wie möglich machen.«