24. Januar 2022, 13:00 Uhr

Gießen

»Alle erhalten jetzt mehr Luft zum Atmen«

Das Land Hessen beteiligt sich in den kommenden zehn Jahren mit Investitionen in Höhe von fast einer halben Milliarde Euro an der Weiterentwicklung des UKGM.
24. Januar 2022, 13:00 Uhr
Ministerpräsident Volker Bouffier und Wissenschaftsministerin Angela Dorn halten die Vereinbarung in der Hand. Sie informierten mit (hinten v.l.) Werner Seeger, Gunther K. Weiß, Christian Höftberger, Katharina Krause und Joybrato Mukherjee über deren Inhalte. Foto: Häuser

Eine entsprechende Absichtserklärung war in Gesprächen zwischen der Landesregierung und dem Eigentümer des Universitätsklinikums Gießen-Marburg (UKGM), der Rhön Klinikum AG sowie dem Mutterkonzern Asklepios festgezurrt worden. Im Gegenzug soll das UKGM während der zehnjährigen Laufzeit des Vertrags eine optimale Gesundheitsversorgung sicherstellen und die Qualität von Forschung und Lehre garantieren.

Auch der Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen und keine Ausgliederung von Betriebsteilen sind Teile der Vereinbarung. Die Partner wollen zudem eine verbindliche Liste der zukünftig zu finanzierenden Projekte und der Investitionen seitens des Konzerns erstellen.

Vereinbarungen asind Zukunftssicherung

Durchweg positiv gestimmt präsentierten Ministerpräsident Volker Bouffier und Wissenschaftsministerin Angela Dorn für die Landesregierung die Eckpunkte des Papiers in der Aula der Justus-Liebig-Universität - flankiert von den beiden Unipräsidenten Professor Joybrato Mukherjee (Gießen) und Professorin Katharina Krause (Marburg) sowie Dr. Christian Höftberger (Vorstandsvorsitzender Rhön-Klinikum), Professor Werner Seeger (Ärztlicher Direktor UKGM) und Dr. Gunther K. Weiß (Geschäftsführer UKGM). Alle Seiten bewerteten die getroffenen Vereinbarungen als Zukunftssicherung der Gesundheitsversorgung und der medizinischen Forschung an den beiden Standorten. »Damit haben wir eine über Jahre hinweg strittige Situation gelöst. Es ist eine Zukunftsentscheidung für die Region«, verwies Bouffier auf das in der Vergangenheit häufig unklare Verhältnis zwischen Land und Unis auf der einen und dem privaten Betreiber auf der anderen Seite. Am privatisierten Klinikum ist die Rhön Klinikum AG mit 95 Prozent und Hessen mit 5 Prozent beteiligt. Das Land hatte sich zuletzt im Volumen von rund acht Millionen Euro jährlich eingebracht.

»Alle erhalten jetzt mehr Luft zum Atmen«, war sich Ministerin Angela Dorn sicher. Seitens der Landes sollen rückwirkend zum 1. Januar 2022 jährlich nunmehr 30 Millionen Euro in Baumaßnahmen und rund 15 Millionen Euro in medizinisches Gerät investiert werden. Für den Fall eines Wechsels in der Eigentümerstruktur hat das Land aufgrund einer »Change-of-Control«-Klausel die Möglichkeit, das UKGM zurück in Landeseigentum zu überführen. Diese Option gelte auch bei vorzeitiger Kündigung des Vertrags vor 2031. Erwirtschaftete Gewinne müssten in das UKGM reinvestiert werden und dürfen nicht - etwa als Dividende - an Aktionäre ausgeschüttet werden. Dorn räumte ein, der Privatisierung des Uniklinikums kritisch gegenüber zu stehen. Aber ihre Aufgabe als Ministerin sei es, »im Hier und jetzt verantwortlich zu handeln« und nicht »zu träumen von alten Zeiten«.

Landesmittel allein reichen nicht aus

Die Absichtserklärung gebe dem UKGM Planungssicherheit, sagte Rhön-Vorstandsvorsitzender Christian Höftberger. Er schränkte aber ein, die Landesmittel reichten allein nicht aus, um die hohen Investitionen zu stemmen. Diese müssten zusätzlich aus »positiven Betriebsergebnissen erwirtschaftet werden«. Durch die Einbindung des UKGM in den Großkonzern seien jedoch Synergien zu erzielen, die sich positiv auf alle Betriebsbereiche auswirken könnten.

»Eine Verlässlichkeit über die Dauer von zehn Jahren haben wir lange nicht gehabt«, lobte Marburgs Unipräsidentin Katharina Krause das Papier. »Es ist von herausragender Bedeutung«, pflichtete ihr der Gießener Amtskollege Mukherjee bei. Er sieht dadurch unter anderem auch die medizinische Spitzenforschung gestärkt.

Einen »gordischen Knoten durchgeschlagen« - so bewertet der ärztliche Direktor des UKGM, Werner Seeger, die Vereinbarung. Das Klinikum sei an den Rand der Arbeitsfähigkeit gekommen und könne nun wieder mit deutlich gesicherteren Bedingungen rechnen. Er bezifferte den Sanierungsstau auf 80 Millionen Euro pro Jahr. »Dieser Aufgabe können wir uns nun auf viel besserer Basis stellen.«

»Wir haben einen neuen Zeithorizont geöffnet. Der Same des Vertrauens ist aufgegangen«, meinte UKGM-Geschäftsführer Gunther K. Weiß. Das Zukunftspapier sei auch ein Signal an die Mitarbeiterschaft.

Zum Schluss verteidigte der Ministerpräsident nochmals die Privatisierung des Uniklinikums unter Amtsvorgänger Roland Koch im Jahr 2006. Ob ein Klinikum in privater oder in öffentlicher Trägerschaft sei, »ist völlig unerheblich«. Die Probleme im Krankenhausbereich seien überall die gleichen, forderte Bouffier eine veränderte Grundfinanzierung. Auch der immer wieder erhobene Vorwurf der Profitinteressen sei schlichtweg Blödsinn. »Wir sponsern keine Aktionäre, sondern stellen sicher, dass das, was hier erwirtschaftet wird, auch in diesem Klinikum bleibt.« (hä)

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