09. April 2019, 15:00 Uhr

Marburg

Seyran Ates erhält Lutherpreis

»Der Islam braucht eine sexuelle Revolution«, sagt Seyran Ates und stellt klar: Eine Religion, die nur der Abgrenzung dient, stellt sich gegen die Demokratie.
09. April 2019, 15:00 Uhr
Seyran Ates erhält in Marburg den Preis der Lutherstädte »Das unerschrockene Wort« 2019. Foto: Matuschik

Die Rechtsanwältin, Autorin, Frauenrechtlerin und Moschee-Gründerin Seyran Ates erhält in Marburg den diesjährigen Lutherpreis »Das unerschrockene Wort«.

Der Bund der 16 Lutherstädte in Deutschland zeichnet die 55-jährige Berlinerin mit türkisch-kurdischen Wurzeln für ihren Kampf für die Rechte muslimischer Frauen, für Demokratie, Integration und für einen säkular-liberalen Islam, gegen Parallelgesellschaften und gegen politisch-religiösen Extremismus aus. Der Preis ist mit 10.000 Euro dotiert und wird am 27. April in einer großen öffentlichen Festveranstaltung in der Lutherischen Pfarrkirche verliehen.

Für Frauenrechte und gegen Extremismus

Die Entscheidung für Seyran Ates fiel bei der Jurysitzung der 16 Mitgliedsstädte im November in Marburg. Die Jury wählte Seyran Ates als Preisträgerin wegen ihres unerschrockenen Einsatzes für Frauenrechte und gegen kulturell und religiös begründete Gewalt und Extremismus. Sie bezeichnet sich selbst als gläubige Muslimin, die ihre Religion von innen heraus reformieren will, statt sich gegen sie zu wenden. Das sei im bestens Sinne Luthers, heißt es in der Begründung der Jury.

Als Anwältin in Berlin befasst sie sich hauptsächlich mit Straf- und Familienrecht und engagiert sich in der deutschen Ausländerpolitik. Sie war Mitglied der Deutschen Islamkonferenz und nahm am Integrationsgipfel der Bundesregierung teil. Wegen gewalttätiger Angriffe und Drohungen gab sie 2006 vorübergehend ihre Kanzlei auf, 2009 zog sie sich ganz aus der Öffentlichkeit zurück – nach Morddrohungen, als ihr Buch »Der Islam braucht eine sexuelle Revolution« erschien. Seit 2011 ist sie wieder öffentlich und als Anwältin aktiv – vor allem für hilfesuchende Frauen.

Unter Polizeischutz

Seyran Ates ist Initiatorin und Mitbegründerin der Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Berlin, die für einen säkularen Islam durch Trennung von weltlicher und religiöser Macht sowie einer zeitgemäßen und geschlechtergerechten Interpretation des Koran steht.

Seit Gründung der Moschee erhält Seyran Ates erneut Morddrohungen. Deshalb steht sie rund um die Uhr unter Polizeischutz. Ihre Arbeit setzt sie dennoch fort – im großen Rahmen unter anderem in einer europäischen Bürgerinitiative für ein Maßnahmenpaket gegen politischen und religiösen Extremismus.

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