13. August 2020, 13:00 Uhr

Gießen

Mammutprojekt erfolgreich abgeschlossen

Rund fünf Jahre arbeiteten Experten der Mittelhessen Netz GmbH daran, ihr Erdgasnetz von L- auf H-Gas umzustellen. Nun ist das vom Umfang her einzigartige Projekt abgeschlossen.
13. August 2020, 13:00 Uhr
Haben sich um die Erdgasumstellung in Gießen gekümmert: Projektleiterin Birte Vermehren, Rüdiger Schwarz, Geschäftsführer der Mittelhessen Netz GmbH, sowie das Projektteam Jannik Faulstich (l.), Wolfgang Döring (M.) und Nico Weber (r.). Foto: SWG

Die Mittelhessen Netz GmbH (MIT.N), ein Tochterunternehmen der Stadtwerke Gießen, hat ihr »Jahrhundertprojekt« erfolgreich zum Abschluss gebracht: Bereits seit Mitte April strömt Erdgas der Qualität H durch ihr gesamtes Netz. Der in der Region neue Brennstoff hat einen höheren Energiegehalt als das bislang gelieferte L-Gas. Eben diese Erhöhung des Brennwerts stellte die MIT.N vor eine logistische Herausforderung: Es galt, rund 34.000 Erdgasgeräte auf die neue Gasart umzurüsten. »Für viele dieser Anlagen hatten wir nur ein sehr knappes Zeitfenster von wenigen Tagen«, erinnert sich Birte Vermehren, bei der MIT.N für das Projekt verantwortlich. Andere Gasgeräte kommen besser mit dem höheren Brennwert zurecht. Deshalb zogen sich die letzten Anpassungen planmäßig bis Mitte Juli hin.

Mehr als 34.000 Erdgasanlagen umgestellt

Auslöser dieses Mammutprojekts, mit dessen Planung die Spezialisten aus der Lahnstraße 2015 begannen, war nicht eine Initiative der MIT.N. Die flächendeckende Umstellung auf H-Gas ist die Reaktion auf zur Neige gehende L-Gas-Vorkommen und die Ankündigung der Niederlande, ihre Produktion bis 2030 einzustellen. Folgerichtig müssen alle Netzbetreiber, durch deren Leitungen niederländisches Erdgas strömt, rechtzeitig dafür sorgen, dass alle angeschlossenen Anlagen H-Gas sicher verarbeiten können. Bundesweit waren und sind 4,5 Millionen Haushalte von den damit verbundenen Umrüstungen betroffen.

Alles in Eigenregie

Letztendlich lohnt sich der Aufwand. Denn die Umstellung sichert die Erdgasversorgung auf Jahrzehnte. Nicht nur, weil die weltweiten H-Gas-Vorkommen enorm sind, sondern auch, weil sie sich relativ weit über den Globus verteilen. Eben dies macht ein Stück weit unabhängig von geopolitischen Entwicklungen.

Anders als bislang andere Netzbetreiber setzte die MIT.N darauf, hier ansässige Fachbetriebe in das Projekt einzubeziehen. Aus einem wichtigen Grund: »Unser Ziel war es, die Wertschöpfung in der Region zu halten«, erklärt MIT.N-Geschäftsführer Rüdiger Schwarz.

Drei Schalttermine

Die Umstellung war sowohl räumlich als auch zeitlich in drei Abschnitte unterteilt. Im September 2019 erhielt Staufenberg das neue Erdgas. Anfang März 2020 folgten große Teile der Stadt Gießen sowie die Nachbarkommunen Heuchelheim und Lahnau. Mitte April vollzog die MIT.N schließlich die Umstellung in den verbliebenen Gießener Stadtteilen sowie in Buseck, Fernwald, Linden, Pohlheim und Reiskirchen. Dank gründlicher Vorarbeit kam es an keinem der drei Schalttermine zu nennenswerten Zwischenfällen.

Wie bei einem Projekt dieser Größenordnung nicht anders zu erwarten, ließen sich nicht alle Schwierigkeiten vermeiden. So hatte die MIT.N bei einigen Kundinnen und Kunden keinen rechtzeitigen Zugang zu den Gasgeräten. Weil ein solches Projekt klaren technischen und gesetzlichen Regeln unterliegt, gab es in diesen Fällen für die MIT.N keine andere Option, als eine Sperrung des Anschlusses anzudrohen und vereinzelt tatsächlich zu vollziehen.

Sicherheit im Vordergrund

Der Grund für diese drastisch anmutenden Maßnahmen ist einfach: die Gewährleistung der Sicherheit für Leib und Leben. Denn einige Geräte, die für den Betrieb mit L-Gas konstruiert sind, können durch die Befeuerung mit H-Gas zur echten Gefahr werden. »Genau das mussten wir um jeden Preis verhindern«, begründet Rüdiger Schwarz das Vorgehen.

Ebenfalls erwähnenswert ist die ruhige und bedachte Gelassenheit, mit der die meisten Kundinnen und Kunden die Termine für die Anpassung der Gasgeräte im April angingen. Denn diese fielen mitten in den Corona-Zeitraum.

»Natürlich haben wir ein schlüssiges Hygienekonzept erarbeitet und genehmigen lassen. Aber dass wir so gut durchkommen, konnte sich zu Beginn der Pandemie niemand von uns vorstellen«, erinnert sich Birte Vermehren. Denn gerade wegen des Lockdowns waren viele zu Hause. Das führte dazu, dass die vorgeschlagenen Termine besser als je zuvor eingehalten werden konnten.

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