04. August 2020, 13:04 Uhr

Stadtallendorf

Mahnmal und Ort der Erinnerung

Der Landkreis hat die Torpfeiler der Gedenkstätte Münchmühle in Stadtallendorf sanieren lassen. Dort wurden während der NS-Zeit Zwangsarbeiter in der Rüstung eingesetzt.
04. August 2020, 13:04 Uhr
Der Landkreis hat die Pfeiler der Gedenkstätte Münchmühle in Stadtallendorf grundhaft erneuern lassen. Foto: Landkreis

Die Sanierungsarbeiten an der Gedenkstätte hatten ein Volumen von 12.000 Euro und sind jetzt abgeschlossen. Damit steht die Gedenkstätte für Besucherinnen und Besucher wieder offen.

Landrätin unterstreicht Bedeutung

Das Eisentor der Gedenkstätte wird von zwei gemauerten Pfeilern gehalten, an denen der Zahn der Zeit besonders genagt hatte. Durch Risse im Mauerwerk war Wasser eingedrungen und im Winter war es durch die Kälte zu Frostschäden gekommen. Diese waren so weit fortgeschritten, dass eine Reparatur nicht mehr sinnvoll und wirtschaftlich gewesen wäre.

Daher hatte sich der Kreis dazu entschlossen, die Pfeiler erneuern zu lassen. Die beiden Säulen wurden zunächst abgetragen und dann neu gemauert.

Landrätin Kirsten Fründt unterstrich in ihrer Rede zur Wiedereröffnung und Sanierung der Gedenkstätte die Wichtigkeit der Erhaltung der Gedenkstätte Münchmühle. »Ich bin schon mehrfach hier gewesen. Für mich ist es einer der Orte schlechthin, um aufzuzeigen, was im unmenschlichen Sinn alles möglich ist, wenn man die Pfade der Demokratie verlässt.« Der drei Meter hohe Stacheldrahtzaun mit nach innen ragenden Pfosten erzeuge eine gewisse Bedrückung und ein Unwohlsein. Es sei ein »beklemmender Ort«, sagte die Landrätin. Gedenkstätten wie die Münchmühle seien enorm wichtig, um sich die Vergangenheit vor Augen zu führen und Lehren für Gegenwart und Zukunft aus ihr zu ziehen: »Je ehrlicher wir mit unserer Geschichte umgehen, desto wirkungsvoller ist die Erinnerung«, erinnerte Fründt in diesem Zusammenhang an Eva Pusztai, die damals als junge Frau und Zwangsarbeiterin an diesem Ort eingesperrt gewesen sei.

Seit Jahrzehnten komme Pusztai regelmäßig nach Stadtallendorf und in andere Orte des Kreises, um besonders in Schulen als Zeitzeugin zu sprechen. Bis heute zeige sie in beeindruckender Form die damaligen Gräuel der NS-Herrschaft auf, sagte Fründt. Die Landrätin dankte auch dem ehemaligen Landrat Kurt Kliem, der mit seinem Engagement Ende der 1980er-Jahre einen wichtigen Beitrag zum Bau der Gedenkstätte geleistet habe, sowie dem ehemaligen Kreismitarbeiter Hans Kraft, der das Mahnmal geplant und umgesetzt habe.

Abschließend nahm die Landrätin - einer jüdischen Tradition folgend - einen Stein als Zeichen des Erinnerns und der Wertschätzung der 1.000 jüdischen Frauen des Lagers und platzierte ihn auf dem Tor. »Wir müssen uns auch künftig mit diesem Thema auseinandersetzen. Dieser Ort sollte uns Demut lehren. Möglichst viele Schülerinnen und Schüler in den entsprechenden Jahrgangsstufen sollten diese Gedenkstätte zu sehen bekommen«, betonte Fründt.

Zwangsarbeiter in der Rüstungsindustrie

Wegen des langen Kriegsverlaufs konnte der Arbeitskräftebedarf des nationalsozialistischen Regimes selbst durch den Einsatz von Zwangsarbeitern nicht mehr gedeckt werden. Anfang 1942 beschlossen die NS-Machthaber, verstärkt auch Konzentrationlager-Häftlinge in der Rüstungsindustrie einzusetzen. In der Nähe von Fabriken entstanden bald Hunderte Außenkommandos der großen Konzentrationslager. Die Industrie zahlte für jeden Häftling eine Leihgebühr an das Stamm-KZ.

Außenlager des KZ Buchenwald

Auch in den Allendorfer Werken wurden KZ-Häftlinge eingesetzt. Am 19. August 1944 trafen 1.000 jüdische Ungarinnen aus Auschwitz im Lager Münchmühle bei Allendorf ein. Als Außenlager war es dem Konzentrationslager Buchenwald angegliedert. Die Frauen mussten in Allendorf täglich zwischen acht und zwölf Stunden - mit einer halbstündigen Pause - arbeiten. Für ihre Arbeit erhielten sie allerdings keinen Lohn. Sie wurden überwiegend in den Bombenfüllstellen eingesetzt, wo sie giftigen Sprengstoff verfüllen mussten. Oft mussten sie auch die bis zu 50 Kilogramm schweren Bomben selbst tragen. An der Stelle des ehemaligen Lagers Münchmühle hat der Kreis 1988 eine Gedenkstätte errichtet.

0
Kommentare | Kommentieren