22. Januar 2018, 15:00 Uhr

Breitscheid

»Birdmen« über dem Westerwald

Sie schlagen nicht mit den Flügeln, haben kein Federkleid und können in der Regel auch nicht so gut singen. Aber der (Gleit-)Flug ähnelt schon dem eines Vogels.
22. Januar 2018, 15:00 Uhr
Da kommt bei »Kittelfliegern« Freude auf. Wenn das triste Wetter in Europa zu schlecht ist, gönnen sie sich schon mal einen Ausflug – hier im Anflug auf die Insel Contadora bei Panama. Foto: Skydive Westerwald

Man nennt sie auch »Kittelflieger«: Bei der Wahl der Garderobe verzichten diese Damen und Herren beim Design zu Gunsten von Funktionalität und Aerodynamik auf modischen Firlefanz. Was ihnen mitunter das Aussehen einer Fledermaus verleiht. Der offizielle Begriff ist »Wingsuiter«.

Zentrum für »Fledermäuse«

Die Flügelanzugträger bevölkern den internationalen Luftraum seit Ende der 90er-Jahre. Auch in Breitscheid sind sie ein gewohnter Anblick. Schon vor Jahren hatten die hiesigen Skydiver diese Spielart für sich entdeckt. Preise bei Wettbewerben belegen den Erfolg: Zuletzt reichte es bei den Deutschen Meisterschaften sogar für eine Silbermedaille in der Acrobatic-Klasse – der Königsdisziplin. 2018 findet die DM in Breitscheid statt und gilt als Qualifikation für die Weltmeisterschaft.

Auf der »Hub« lernen Springer aus ganz Deutschland hier das kleine Einmaleins. Damit gewinnt das von Skydive Westerwald betriebene Sprungzentrum, das im Laufe dieses Jahres noch ausgebaut werden soll, weiter an Bedeutung.

Übrigens: Was an Gebühren nach Abzug der Unkosten übrig bleibt, fließt dem Verein »Herzenswünsche« zu, der schwerkranken Kindern bundesweit lang ersehnte Träume erfüllt.

Ralph Grimm – eigentlich Finanz-Manager bei Mitsubishi – ist Instructor und Gründer heimischen Ausbildungsstätte. Sein Handwerk als Coach hat der 57-Jährige beim mehrfachen Wingsuit-Vize-Weltmeister und aktuellen Artistik-Weltcup-Sieger Travis Mickle in Florida gelernt. Mit dem Fallschirmspringen selbst hat Grimm erst 2012 begonnen.

Dreifache Flugzeit

Während normale »Skydiver« bei 200 km/h den Kick des freien Falls etwa eine Minute genießen können, sind die »Fledermaus-Flieger« das Dreifache dieser Zeit unterwegs. Die Distanzen sind zudem größer – es lassen sich richtige Ausflüge unternehmen. Möglich is dies durch den besonderen Zuschnitt des Anzugs, der zwischen Armen und Beinen mit Stoff ausgestattet ist, die wie Tragflächen wirken. In Deutschland muss man mindestens 200 Absprünge nachweisen können, um für diese Spezial-Variante des Skydivings zugelassen zu werden.

Sicherheit an erster Stelle

Sicherheit genießt nicht nur bei dieser Art von Fallschirmspringen/-fliegen oberste Priorität. Deshalb ist eine Wingsuit-Ausbildung nicht eben mal an ein paar freien Wochenenden zu absolvieren. Und hier beginnt in Breitscheid der Job von Ralph Grimm.

Persönlich mag er es ab und an auch exzessiver – was hierzulande nicht immer möglich ist. In den USA etwa bietet ein Absprunglevel von 30.000 Fuß (9.000 Meter) quasi unbegrenzte Möglichkeiten. Mit ausreichend Sauerstoff lässt es sich in dieser dünnen Luft aushalten. Entschädigt wurde Ralph Grimm durch einen 7,01 Minuten langen und 16 Kilometer langen Flug.

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