Für eine saubere, sichere und für alle zugängliche Mobilität.« Diesen hohen Anspruch, den Bürgermeister und Verkehrsdezernent Alexander Wright am Mittwoch formulierte, stellt die Stadt Gießen an den Verkehrsversuch auf dem innerstädtischen Anlagenring. Vor Presse, Radio und Fernsehen wollte der Grünen-Politiker mit Mitarbeitern aus dem Tiefbauamt, der Straßenverkehrsbehörde und der Öffentlichkeitsarbeit »in aller Offenheit« über den Stand der Vorbereitungen informieren.
Die wichtigste Aussage betraf den Zeitplan, der lange einen Start Anfang Juni vorsah. Aber dieser Fahrplan ist angesichts einer aufwendigen Vorbereitungsphase, von der bislang noch nichts zu sehen ist, längst überholt. Voraussichtlich ab Mitte, Ende Juni wird der Anlagenring über einen Zeitraum von drei Monaten abschnittsweise umgestaltet. Vollständig wird die neue Verkehrsführung mit den Spuren für Fahrradfahrer und Busse auf den Innenbahnen und dem Einbahnverkehr gegen den Uhrzeigersinn für den Autoverkehr also erst ab Oktober zur Verfügung stehen.
Sommerferien werden genutzt
Dies wird für jeweils drei bis vier Wochen mit erheblichen Einschränkungen für alle Verkehrsteilnehmer in diesen besagten Abschnitten verbunden sein. Begonnen werden soll im Juni mit der Ostanlage, es folgen Nord-, West- und Südanlage. »Die Umstellungsphase bringt Stress«, räumte Wright ein. Daher sollen für die Arbeiten auch die sechswöchigen Sommerferien genutzt werden. Immerhin sollen dann aktuelle Baustellen wie das Nadelöhr in der Nordanlage verschwunden sein. Auch die Bismarckstraße wird wieder frei sein. »Punktuelle Arbeiten«, die den Verkehr kaum behindern werden, beginnen laut Wright im Mai.
Bei der Präsentation des stellvertretenden Leiters des Tiefbauamts, Robert Pelich, wurde schnell klar, dass die Umstellung nur abschnittsweise erfolgen kann. 16 Kreuzungen müssen umgestellt werden. Es geht um die Ampeln, die Beschilderung, großflächige Fahrbahnmarkierungen, Verkehrssicherungsmaßnahmen, Tiefbauarbeiten und Umbauten, wobei die größte Maßnahme die Kreuzung am Fina-Parkhaus betrifft Hier wird der gesamte Bereich vor Ein- und Ausfahrten umgebaut. Die Ausfahrt wird künftig durch eine Ampel geregelt, die jetzige Schilderbrücke wird ersetzt.
Auf blauer Spur ins Parkhaus
Am Grundkonzept, das die Planersocietät aus Dortmund für den Verkehrsversuch entwickelt hatte, hat sich durch die Feinplanung der städtischen Fachämter nichts geändert. Um die Erreichbarkeit des Geschäftsviertels innerhalb des Anlagenrings für den Autoverkehr zu garantieren, wird er auf kürzeren Strecken über die Fahrradstraße in Anliegergrundstücke und an drei Stellen im Uhrzeigersinn in die Parkhäuser gelenkt. Dies geschieht durch eine auffällige Markierung der Zufahrtsstraßen mit blauer Farbe und Parksymbolen sowie einer Ampelsignalisierung, die dem Autoverkehr Grün und dem Radverkehr auf der Fahrradstraße Rot gibt. Dies betrifft das Karstadt-Parkhaus mit dem Linksabbieger aus der Frankfurter Straße, das Parkhaus Schanzenstraße mit einem Linksabbieger aus der Gabelsbergerstraße sowie das Parkhaus des »Neustädter« mit einem Linksabbieger, der bereits auf der Sachsenhäuser Brücke blau eingefärbt sein wird.
Da der Autoverkehr, der nicht ins Parkhaus will, künftig nicht mehr nach links abbiegen kann, sondern nur noch nach rechts, rechnet Holger Hedrich, Chef der Straßenverkehrsabteilung im Ordnungsamt, mit einer Verlagerung von Verkehr auf die Konrad-Adenauer-Brücke.
Hedrich machte auch deutlich, was das Motiv hinter dieser massiven Veränderung ist. Durch die Trennung der Verkehre soll das Radfahren in der Innenstadt sicherer werden. »Der Radverkehrsanteil wird sich nie erhöhen, wenn man die Sicherheit nicht erhöht. Das gilt für die objektive und vor allem die subjektive Sicherheit«, sagte Hedrich.
Auch zu den Kosten äußerte sich Wright. Alles in allem kosteten die Maßnahmen gut 1,7 Millionen Euro, wovon gut 1,2 Millionen vom Verkehrsversuch ausgelöst würden. So steckten in den 750 000 Euro für neue Ampelanlagen eine halbe Million Euro, die auch ohne Verkehrsversuch im Zuge der Digitalisierung fällig geworden wären.
Ende April will die Stadt eine Kommunikations- und Informationsoffensive starten.