22. August 2024, 18:09 Uhr

Exotische Fundtiere

Reptilienfund in Gießens Gärten

Der Tierschutzverein Gießen hat eine Natter und eine Agame an die »Auffangstation für Reptilien und Exoten« übergeben. Gefunden wurden die Tiere im eigenen Garten und im Feld.
22. August 2024, 18:09 Uhr
OPK
Als »noch sehr klein« beschreibt Kevin Keßler von der Auffangstation für Reptilien und Exoten« diese 1,5 Meter lange Schönnatter. Gefunden in einem Gießener Garten. Foto: Keßler

. Eine Schlange im eigenen Garten? Eine Echse beim Spazierengehen im Feld? Was in Gießen, eigentlich in ganz Deutschland, sehr ungewöhnlich klingt, kommt laut dem Tierschutzverein Gießen und Umgebung e.V. (TSV) gar nicht so selten vor. Und was machen in so einer Situation? TSV-Tierheimleiterin Hannah Wern erklärt: »Sie rufen uns an und wir schicken Profis, die das Tier einsammeln. Sie können aber auch die Feuerwehr oder die Polizei anrufen, gerade bei unbekannten Tieren oder Reptilien, wenn Sie sich unsicher sind.«

Die dritte Option: Die Schlange in eine Box oder einen Karton packen und selbst zum Tierheim fahren. Bei Hunden, Katzen oder anderen ›bekannteren‹ und ›heimischen‹ Tieren sicher eine beliebtere Option als bei exotischen Reptilien. Gemacht wurde das bei letzteren kürzlich dennoch zweimal in Gießen. Und so bekam das Tierheim in der Vixröder Straße 16 für kurze Zeit zwei besondere Gäste: Eine Taiwan-Schönnatter und eine streifenköpfige Bart- agame. Doch schnell war klar, dass in diesen Fällen Experten gebraucht werden. Deshalb wurde Kontakt zu Kevin Keßler aufgenommen.

Kann bis zu drei Meter lang werden

Keßler ist erster Vorsitzender der »Auffangstation für Reptilien und Exoten« in Gossersweiler-Stein (Rheinland-Pfalz) und bedankt sich beim Tierheim Gießen und dem Ordnungsamt für die neuen »Mitbewohner«. »Über die Taiwan-Schönnatter freue ich mich besonders«, sagt er. »Das männliche Exemplar ist noch sehr jung und klein, aber ich hoffe, dass sie lange genug bei uns bleibt, um ihre beeindruckende Größe von bis zu drei Metern zu erreichen.« Zur Zeit messe sie knappe eineinhalb Meter und wird auf zwei bis drei Jahre alt geschätzt. Wie bei dieser Schlangenart häufig, zeige die Taiwan-Schönnatter, die in weiten Teilen Südostasiens verbreitet ist, »ein extrem aggressives Verhalten und ist daher keinesfalls für Anfänger geeignet.«

Was heißt für Anfänger geeignet? Die Reptilien werden vermittelt, zumindest ist das der Plan der Auffangstation. Im September feiert diese zweijähriges Bestehen, schon über 300 Exemplare verschiedenster Reptilien befinden sich in der Station. Kevin Keßler hat diese über zwei Jahre lang gebaut (»Der Bau geht immer weiter«) und mit Privatkapital vorfinanziert. Platz habe er noch locker für mehr Tiere, doch es mangelt am Geld. »Die Spendenbereitschaft für Reptilien ist exorbitant schlecht«, sagt er. Er brauche um die 60 000 Euro im Jahr und sucht daher händeringend nach Spenden und Sponsoren. Auch, damit er sich Festangestellte leisten kann. »Ich kriege ab und zu Hilfe von Freiwilligen, aber das reicht nicht mehr aus.«

Während die Schönnatter »als Fundtier schon eine Rarität ist«, sei die streifenköpfige Bartagame etwas häufiger, aber dennoch exotisch, weshalb Keßler auch diese genauer unter die Lupe nahm. Es handele es sich ebenfalls um ein Männchen. »Auffällig ist, dass die Bartagame einen sehr strengen Geruch aufweist, was medizinisch besorgniserregend ist.« Daher sei eine umgehende tierärztliche Untersuchung erforderlich, um mögliche gesundheitliche Probleme festzustellen und entsprechend behandeln zu können. Die Echsenart ist ausschließlich im zentralen, östlichen Australien heimisch und bewohnt Trockenwälder sowie Gebiete mit hoher Sonneneinstrahlung.

Viele werden wieder ausgesetzt

Wie also kommen diese Exoten in Gießener Gärten oder Feldwege? »Sie werden ausgesetzt«, ist sich Wern sicher. Denn ein Reptil anschaffen könne sich hier jeder, die Pflege aber wird dann vielen zu anstrengend. »Aber natürlich gibt es auch Einzelfälle, bei denen die Tiere ausbüxen.« Ein halbes Jahr haben Besitzerinnen und Besitzer Zeit, sich beim Tierheim zu melden und ein vermisstes Tier zurückzuholen. Bei Keßler werden vor allem Schildkröten abgegeben, die ihre Herrchen und Frauchen überlebt haben. Da das Vermitteln an Privatpersonen längst nicht ausreicht, kooperiert Keßler auch mit Zoos und Tierparks. Gerade speziellere und gefährlichere Exemplare kommen dort unter.

Trotz der vielen Arbeit und des enormen finanziellen Aufwandes will Keßler weitermachen. Denn: »Es ist wunderbar zu sehen, dass der Tierschutz - insbesondere für Reptilien - so ernst genommen wird und diese Tiere in einer Fachstation wie unserer ein Zuhause finden«, freut er sich über das Engagement der Tierheime und von Menschen, die Tiere finden. So eben auch in Gießen. Wenn also bei Ihnen im Garten demnächst eine Schildkröte, eine Echse oder eine Schlange auftaucht, wissen Sie nun, was zu tun ist.



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