. Wie kommt man auf die Idee »Zeichnen und schreiben für die Freiheit«? Und wie gründet man daraufhin den Verein »Wahrheitskämpfer« als Mahnmal für die Pressefreiheit? Am vergangenen Samstag, dem Internationalen Tag der Pressefreiheit, wurden in der überregionalen Tageszeitung »taz« 50 Portraits in Kachelform und zwölf Portraits in größerer Aufmachung von dem Projekt »Wahrheitskämpfer«, das seinen Sitz in Frankfurt und in Gießen hat, auf acht Seiten veröffentlicht.
Über die Arbeit des Kunstprojekts erzählen die Vereinsvorsitzende Susanne Köhler (Frankfurt) und ihr Lebensgefährte und Stellvertreter Gerhard Keller (Gießen). Keller ist der Ukraine durch sein jahrzehntelanges humanitäres Engagement für die Tschernobyl-Opfer in besonderer Weise verbunden. Keller sagt: »Ohne freien Journalismus ist Demokratie nicht möglich.« Köhler erzählt, wie es zu dem Projekt gekommen ist. Nach dem schrecklichen Anschlag auf das Satiremagazin Charlie Hebdo 2015 habe sich überall Angst verbreitet.
Ein Denkmal setzen
»Vor allem bei Menschen, die künstlerisch arbeiten, wie ich. Die kritisieren und sich über Dinge lustig machen.« Sie selber zeichne Comics, auch über Salafisten. »Da mein Atelier in Frankfurt frei zugänglich ist, hatte ich Angst, dass jemand hereinkommt und schießt.« Doch dann habe sie einen Zeitungsartikel über einen in Mexiko ermordeten Journalisten gelesen. Der habe vorher Morddrohungen erhalten und trotzdem weitergearbeitet. »Da kam mir meine eigene Angst lächerlich vor und ich habe seinen Mut bewundert.« Das habe sie inspiriert, diesen Menschen zu zeichnen, um ihm ein Denkmal zu setzen.
Danach sei die Idee entstanden, alle Journalisten zu portraitieren, die ermordet wurden. »Ich habe schnell mitbekommen, dass jedes Jahr rund 80 Journalisten umgebracht werden.« Befreundete Künstler habe sie gefragt, ob sie bei dem Projekt mitmachen würden. Mittlerweile seien es über 85 Künstler aus der ganzen Welt, die mehr als 800 Portraits gezeichnet hätten. Der Slogan sei: »Remember their faces - Remember their stories« (Vergesst nicht ihre Gesichter - Vergesst nicht ihre Geschichten). Gerhard Keller ist zuständig für die Organisation der Texte, wobei jedes Portrait für eine individuelle Geschichte steht: »Wer diese Journalisten waren und warum sie ermordet oder inhaftiert wurden, steht in den seriös recherchierten mehr als 800 Geschichten dazu.«
2019 gründeten Köhler und Keller sodann einen Verein. »Es wurde Geld benötigt, um Plakate zu drucken und Ausstellungen zu organisieren.« Infos gibt es auf der Projektwebseite wahrheitskaempfer.de. Neben dieser virtuellen Gedenkstätte zeigt der Verein die Portraits auch national und international in einer Wanderausstellung. Dabei wird mit Organisationen wie der Unesco, Reporter ohne Grenzen, Amnesty International, dem Deutschen Journalistenverband (DJV) oder der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) kooperiert.
Ausstellungen
Ausstellungen liefen u. a. in Den Haag, Genf, Accra (Ghana) und Berlin. Köhler: »Wir zeichnen ermordete und inhaftierte Journalisten aus der ganzen Welt, weil wir ihren Mut bewundern und ihnen ein Denkmal setzen wollen. Wer waren diese Journalisten? Warum wurden sie inhaftiert oder gar ermordet? Die Antwort erhält man in den Recherchetexten zu den jeweiligen Portraits.«
»Die Veröffentlichung in der taz ist für uns ein sehr großer Erfolg, da wir auf einen Schlag mit einer Vielzahl von Portraits bundesweit bekannt werden«, so Keller. Der Artikel ist hier zu finden: taz.de/Beilage-zum-Tag-der-Pressefreiheit/!vn6086451/.
Wichtig ist beiden: »Wahrheitskämpfer ist ein offenes Projekt. Wer sich das Portraitzeichnen oder -schreiben zutraut, ist herzlich eingeladen, mitzumachen.« Interessenten können sich per Mail melden: info@wahrheitskaempfer.de.