09. Mai 2025, 18:44 Uhr

Glaube

Gießener Pfarrerin geht neue Wege des Segens

Seit dem 1. Januar ist Johanna Fröhlich Pfarrerin für »neue Lebensformen in wichtigen Lebensmomenten« in Gießen. Was das bedeutet, darüber hat sie mit uns gesprochen.
09. Mai 2025, 18:44 Uhr
RK
Seit 1. Januar Pfarrerin für »neue Lebensformen in wichtigen Lebensmomenten« in Gießen: Johanna Fröhlich. Foto: Korte

. Johanna Fröhlich sitzt inmitten des Kirchenplatzes auf einer Holzbank und schaut lächelnd um sich. »Ich liebe diese Orte, wo die Leute zusammenkommen und sich alles so bunt mischt. Wie im Schwimmbad, im Bus oder eben hier auf dem Kirchenplatz oder dem Markt«, sagt sie und nickt zu den Verkaufsständen hinüber, an denen sich an diesem sonnigen Vormittag viele Menschen tummeln und sich mit frischem Obst, Gemüse, Brot und Blumen eindecken.

Fröhlich ist gern mittendrin. Und hat doch ihren Blick stets aufwärts gerichtet. Seit dem 1. Januar ist die junge Pfarrerin, die viele aus dem Pfarrteam der Gesamtkirchengemeinde Gießen-Nord kennen, mit einer halben Stelle für »neue Segensformen in wichtigen Lebensmomenten« in Gießen angestellt.

Bedürfnisse sind vielfältiger

»Es geht um Momente, wo das Leben sich verändert«, erklärt sie. »Geburt, Hochzeit, Tod und alles dazwischen. Übergangsmomente. Momente, in denen man merkt, dass man es alleine nicht schafft und auf eine größere Kraft hofft.« In solchen Situationen sind Pfarrer da.

»Segen ist nicht bloß, einen Segen auszusprechen, sondern dass man gemeinsam innehält und vor Gott kommt und spürt, was da ist: Gottes Kraft«, ist das Verständnis der Theologin. »Leben ist nicht nur dieser Platz, dieses Wetter und diese Baustelle«, sagt sie und deutet auf die auch an diesem Vormittag laufenden Bauarbeiten am Kirchenplatz. »Es gibt noch mehr im Leben, als das, was wir sehen.«

Dieses »Das, was größer ist als das Leben« habe sie schon immer angezogen, wie sie sagt. »Gott hat für mich schon immer dazugehört.« In der Nähe von Alsfeld aufgewachsen, wird sie sehr von ihrem Heimatpfarrer und ihrem Religionslehrer geprägt, der ihr schließlich ein Praktikum in einem Pfarramt vermittelt. So weiß sie schon als Schülerin genau, was sie werden möchte: Pfarrerin. Zum Studieren zieht es die Vogelsbergerin zunächst nach Heidelberg und Wuppertal.

Seit 2022 ist Fröhlich Pfarrerin für Kasualkultur in Gießen und habe in dieser Zeit beobachtet, dass sich nicht nur die Zeiten, sondern auch das, was Menschen sich von Kirche wünschen, ändert: »Es ist nicht mehr selbstverständlich, die wichtigen Lebensschritte wie Geburt, Heirat oder Tod in der Kirche zu feiern und einen Segen zu bekommen.«

Anlässe »bunt wie das Leben selbst«

Manchmal passe das Leben der Menschen nicht mehr zu den geprägten kirchlichen Formen wie Taufe, Trauung und Beerdigung. Die Bedürfnisse seien vielfältiger geworden.

»Nicht jedes Paar will eine große Hochzeit feiern. Manche Taufeltern wissen nicht, zu welcher Gemeinde sie gehören. Angehörige von Verstorbenen, die kein Kirchenmitglied sind, suchen die Begleitung von Seelsorgern. Und dann gibt es da noch ganz andere wichtige Lebensmomente, die Segen brauchen, wie der Ruhestand oder eine Trennung«, so Fröhlich.

Als Pfarrerin für neue Segensformen in wichtigen Lebensmomenten habe sie auch bereits mit jemandem, der von dem im vergangenen November inkraftgetretenen Selbstbestimmungsgesetz in Bezug auf den Geschlechtseintrag Gebrauch gemacht und sich umbenannt hat, einen besonderen Segensmoment erlebt. »Die Anlässe für einen kirchlichen Segen sind so bunt wie das Leben selbst.«

Neue Segensformen für neue Zeiten - das ist es, was Fröhlich und ihr Team aus vielen Ehrenamtlichen, Pfarrerinnen, Pfarrern und kirchlichen Mitarbeitern versuchen zu finden und bei außergewöhnlichen Aktionen wie dem Tauffest im Stadtpark oder einer Segensaktion am Valentinstag umzusetzen.

Mitternachts-Special auf dem Turm

Im Mai nun soll auf dem Kirchenplatz eine besondere Aktion für Paare stattfinden, die unter dem Motto »Einfach heiraten« steht. Wobei Fröhlich nicht ganz glücklich mit dem Titel ist. »Eigentlich sollte es ›Einfach segnen‹ heißen, denn es geht nicht nur ums Heiraten, sondern darum, einen Segen für die Liebe zu bekommen. Es ist auch für Paare, die merken: Gerade braucht unsere Beziehung einen Moment, der uns stark macht. Es ist ein Segen für die Liebe«, erklärt die Pfarrerin.

Am 24. Mai können Verliebte, Verlobte oder Verheiratete von 11 bis 17 Uhr auf dem Kirchenturm, in der Turmkapelle, in der Pankratius-Kapelle oder dem dahinterliegenden Garten einen besonderen Moment und den Segen Gottes erfahren. Einfach und ohne lange Vorbereitungen. Nachts gibt es dann noch von 0 bis 2 Uhr ein Mitternachts-Special auf dem Turm.

Alle, die gerne tagsüber gesegnet werden möchten oder in geheimnisvoller Stimmung bei Nacht, können sich telefonisch anmelden unter 0151/22213619 oder spontan.

Mehr Informationen unter www.einfachheiraten.info



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