. In der gerade von Reporter ohne Grenzen veröffentlichten Rangliste der Pressefreiheit rangiert die USA diesmal auf Platz 57 - zwei Plätze schlechter als im Jahr zuvor. Für das Land, das einst die Erde mit der Fackel der Freiheit erleuchten wollte, eine ziemlich bescheidene Leistung. Doch es dürfte noch lange nicht das Ende dieses Niedergangs gewesen sein. Denn die Pressefreiheit in den USA ist seit der zweiten Präsidentschaft Donald Trumps zunehmend gefährdet, darüber herrschte weitgehende Einigkeit bei einer Diskussionsrunde, zu der der hessische Landesverband des djv (Deutscher Journalistenverband) am Montagabend ins Mathematikum eingeladen hatte. Daran beteiligt waren Prof. Christian Lammert, Politikwissenschaftler an der FU Berlin, Journalist Andreas Horchler, ehemals ARD-Korrespondent im Studio Washington, der djv-Vorsitzende Mika Beuster sowie Prof. Greta Olsen, Direktorin des Zentrums für Medien und Interaktivität an der Justus-Liebig-Universität (JLU) Gießen. Die Moderation übernahm Sylvia Kuck, Mitglied des djv-Landesvorstands.
Propaganda als Nachrichten
Was also ist los im einstigen Land der unbegrenzten medialen Möglichkeiten? Da wäre zunächst die zunehmende Polarisierung auf dem TV-Markt. Lief vor allem in den 1990er Jahren noch der Nachrichtensender CNN in allen Hotellobbys des Landes, so sei dieser eher zentristisch aufgestellte Sender mittlerweile vom rechten Kanal Fox News abgelöst worden. »Egal wohin Sie kommen, überall läuft Fox«, berichtete die aus Pennsylvania stammende Greta Olsen. Wobei dieser Kanal aus dem Murdoch-Imperium weniger Nachrichten als vielmehr Propaganda verbreite. Und mit seiner geschickten Ästhetik und den zugespitzten Botschaften weite Teile der Bevölkerung erreiche.
Diesen Missstand habe die Konkurrenz aber durchaus auch selbst zu verantworten, befand der mittlerweile in Frankfurt lebende Andreas Horchler. Bereits kurz vor der ersten Präsidentschaft Trumps habe er als Korrespondent wahrgenommen, wie die TV-Sender stundenlang vor dessen Hotels warteten oder Live-Schaltungen aufs Flughafen-Rollfeld zeigten, weil dessen Maschine erwartet wurde. Auf die an einen geschätzten US-Kollegen gerichtete Frage, was das alles solle, bekam er die Antwort: »Es geht nicht anders.« Denn die Sender seien getrieben von Einschaltquoten und Renditeerwartungen - und was am besten läuft, werde auch gezeigt. So habe Trump den Sendern entgegenhalten können, sie müssten ihm eigentlich noch Geld zahlen, weil sie mit ihm ihre Sendezeit bestritten, berichtete der ARD-Journalist, der zugleich den Wert des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland betonte.
Aber Druck sind die Medien in den USA auch von anderer Seite ausgesetzt. Politikwissenschaftler Lammert berichtete, wie die Administration Trumps auf kritische Begleiter reagiert - indem sie mit Drohungen und Klagen arbeite und sie von Informationen abschneide. So geschehen der bedeutenden Nachrichtenagentur AP, deren Vertreter von den Briefings im Presseraum des Weißen Hauses ausgeschlossen wurden. »Das ist, wie wenn Sie hier der dpa den Zugang zum Bundestag verweigern würden.« Hinzu komme die permanente Verunglimpfung der Medien als »Feinde der Nation« - Trump sei damit »sehr erfolgreich«. Flankiert wird er dabei von den sozialen Medien, in denen sachliche Diskurse durch Beleidigungen ersetzt werden.
Und noch ein Befund macht den Diskutanten große Sorge: die Rolle der Qualitätspresse. Zunächst hätten sich alle gefreut, als Jeff Bezos nach seinem Kauf der berühmten Tageszeitung Washington Post die Redaktion in Ruhe arbeiten ließ. Doch spätestens nachdem die Redaktion auf seine Anordnung hin im jüngsten Präsidentschafts-Wahlkampf erstmals keine Wahlempfehlung (für Kamala Harris) abgeben durfte, habe sich einiges verändert. Ebenso seien die Los Angeles Times und die New York Times bei ihrem Publikum in Verdacht geraten, ihre kritische Distanz zur Regierung mehr und mehr aufzugeben. Die jüngsten Anti-Trump-Demos in zahlreichen Städten seien in der NYT etwa mit einer winzigen Meldung bedacht worden, berichtet Greta Olsen von Beobachtungen bei ihrem jüngsten USA-Aufenthalt. »Das macht viele Leute misstrauisch.«
Aus dem Publikum kam die Frage auf, warum die Demokraten und die Opposition im Land nicht mit den gleichen populistischen Mitteln arbeite wie Trump und seine Anhänger. Darauf hatte Mika Beuster eine Antwort: »Das ganze Spielfeld ist schief.« Die Bewegung Trumps funktioniere nur mit Lügen. »Und solange gelogen werden darf, haben diese Medien keine Chance.«