Operette open-air auf dem Dorf ist normalerweise keine Option. Die Kulisse des vierstöckigen Fachwerkgebäudes im Ensemble des Hofguts Odenhausen ist aber nicht normal, sondern vermutlich das höchste freistehende und bewohnte Fachwerkhaus Hessens.
Sonnenschein voraus gesetzt, findet sich hier die Idealkulisse für eine Festgesellschaft in Champagnerlaune des russischen Großfürsten, Graf Orlofsky. Das Ereignis mit seinen vielfältigen Intrigen und Verwicklungen, »Die Fledermaus« nämlich, lief voriges Wochenende im Hofgut Theater Rabenau.
Mit dieser Vorstellung ist das Hofgut nun endgültig kulturell geadelt worden. Graf Orlofsky jedenfalls hätte wohl seine Freude daran gehabt. Natürlich hätte er bezüglich Prunk und Pomp und personellem Aufwand gewisse Abstriche machen müssen, aber qualitätsmäßig nicht klagen können. Der von Arndt Roswag zusammengestellte Projektchor bewährte sich als geladene Gäste des Prinzen. Die farbenprächtig gekleideten Chormitglieder wurden dabei ihrer Rolle gerecht. Während die Gesangssolisten ihre Arien, Duette und Tutti schmetterten, mimten sie grüppchenweise Konversation, nippten gekonnt am Champagnerglas.
Johann Strauß (Sohn) hatte das Werk komponiert, es wurde am 3. April 1874 im Theater an der Wien uraufgeführt. Gudrun Maecker, die örtliche Theaterleitung, informierte eingangs und führte in die einzelnen Szenen ein. Musikalisch erfolgreich zwar, sei der Komponist indes ein Mensch gewesen, der zu Schwermut geneigt habe und letztlich unter manischer Depression gelitten habe.
Zur Ouvertüre tanzte die am Hofgut ansässige Ballettschule Arabesque.
Hartmut Reyl ersetzte an seinem E-Piano das im Opernhaus vorhandene Sinfonieorchester. Kulturelle Untertreibung, Improvisation und künstlerisches Selbstvertrauen mischten sich vorzüglich zu einem für das zahlreich erschienene Publikum höchst unterhaltsamen Klangerlebnis. Die Akustik im Innenhof ist derart günstig, dass man in jedem Winkel das Gesagte und Gesungene versteht. Die Solisten Natascha Jung (Sopran), Sibylla Elsing (Sopran), Claire Chamberland (Sopran), Paolo Marinello (Tenor) und Leo Jang (Bariton) liefen im Laufe des Geschehens zur Hochform auf.