21. November 2022, 13:00 Uhr

Marburg

Beteiligt sich die Stadt am UKGM-Rückkauf?

Marburgs Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies forderte die Landesregierung auf, endlich in ernsthafte Gespräche über einen Rückkauf des Universitätsklinikums einzutreten.
21. November 2022, 13:00 Uhr
Wie sieht die Zukunft des Klinikums in Marburg aus? Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies hat einen Vorstoß gewagt, der nicht bei allen Partnern gut ankommt. Foto: Reichel

»Es ist Zeit zu handeln, und wir hoffen, dazu den entscheidenden Anstoß zu geben«, so Spies zu einem möglichen Rückkauf des Klinikums Gießen-Marburg (UKGM).

Der Marburger SPD-Oberbürgermeister schlägt vor, einen relevanten Teil des Geldes, den die Universitätsstadt aktuell zusätzlich eingenommen hat, dort anzulegen. Konkret soll dies in der Größenordnung von 75 bis 100 Millionen Euro sein, die die Stadt durch hohe Gewerbesteuereinnahmen zur Verfügung hat. Vieles davon erst, seitdem die Firma Biontech vor Ort ist.

Spies nannte auch gleich eine Preisvorstellung, die seiner Meinung nach der Rückkauf kosten würde: »Knapp 500 Millionen Euro - das ist eine realistische Schätzung für den Kaufpreis. Hier könne das Marburger Geld den Ausschlag geben, mangelnde Finanzen dürften kein Argument mehr gegen den Rückkauf sein«, verdeutlicht er. Aufgeteilt auf die 100 Millionen der Stadt und weiteren 300 Millionen Umlagen der Stadt, die diese an das Land Hessen ohnehin zahlen würde, sowie »110 Millionen Euro aus dem Kaufpreis, die beim Land noch vorhanden sind«, rechnete der Oberbürgermeister vor.

Ministerin Dorn reagierte irritiert

Kritik gibt es aus der Landesregierung. Wissenschaftsministerin Angela Dorn (Grüne) teilte mit, dass dies voraussetze, »dass es auch ein Verkaufsangebot der Rhön Klinikum AG geben würde. Das Angebot des Eigentümers haben wir aber nicht«, sagte sie. Sie wisse aber nicht, ob der Oberbürgermeister Gespräche mit dem Eigentümer geführt habe.

Zwar teile sie auch die Meinung, dass der damalige Verkauf und die Privatisierung ein Fehler war, »leider ist aber auch die Rechnung aus Marburg nicht ganz richtig, denn die 110 Millionen aus dem Verkauf sind nicht vorhanden«, so Dorn. Dieses Geld ist in die Von-Behring-Stiftung geflossen, die sich um die Förderung der Hochschulmedizin an den beiden Uni-Standorten Gießen und Marburg verdient macht.

Kritik der Grünen und der CDU

Die Grünen Marburg-Biedenkopf und im Stadtparlament sind zwar erfreut über die Vorschläge des Oberbürgermeisters, »er hätte das aber mit uns abstimmen können. Nun muss er seine Überlegungen und das Ergebnis seiner bisherigen Gespräche dem Stadtparlament und der Öffentlichkeit darlegen und konkrete Umsetzungsvorschläge machen. Niemand möchte in Marburg mit dem Klinikum in dieser Situation Wahlkampf machen«, so die Sprecher des Kreisvorstands.

Wahlkampfgehabe ist auch die Kritik der CDU in Stadt und Kreis. Landtagsabgeordneter Dirk Bamberger: »Sollte es eine Möglichkeit zum Rückkauf geben, so steht und fällt sie sicherlich nicht mit einer Beteiligungszusage der Stadt Marburg. Es ist weder ein Verkaufsangebot noch die Höhe bekannt. 500 Millionen Euro würden aber bei Weitem nicht ausreichen.« Für Bamberger steht fest: »Hätte der Oberbürgermeister ein ernsthaftes Interesse an einem Rückkauf, so hätte er alle Beteiligten zu einem vertraulichen Gespräch geladen.«

Ähnlich äußert sich vom Marburger Stadtparlament der CDU-Fraktionsvorsitzende Jens Seipp, der sich gewünscht hätte, dieses Thema mit den Fraktionen und aktuell in dieser Woche in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses zu besprechen, bevor man an die Öffentlichkeit geht.

SPD begrüßt Idee

»Das Angebot des Oberbürgermeisters, 100 Millionen Euro in einem UKGM in Landeseigentum anzulegen, ist der nötige Schritt, um endlich Bewegung in die festgefahrene Verhandlungssituation am Uniklinikum zu bringen. Die Privatisierung war, ist und bleibt ein Fehler. Darüber besteht inzwischen Einigkeit in der gesamten Bevölkerung«, sagt SPD-Unterbezirksvorsitzender Sören Bartol. Als Ausrede könne laut Bartol auch nicht gelten, dass bisher kein Verkaufsangebot des Klinikbetreibers an das Land Hessen bestehe.

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