22. Juni 2020, 15:00 Uhr

Marburg

Erfolgreiche Covid-19-Behandlung

Ein Behandlungserfolg der Marburger Hochschulmedizin weckt die Hoffnung auf ein Heilmittel gegen Covid-19.
22. Juni 2020, 15:00 Uhr
Der Krebsmediziner Professor Dr. Andreas Neubauer initiierte den Einsatz eines Krebsmedikaments bei einer Covid-19-Patientin. Foto: Torsten Fricke/José Carreras Leukämie-Stiftung

Das Team hat das Krebsmedikament Ruxolitinib erstmals erfolgreich zur Heilung einer Patientin eingesetzt, die nach Infektion mit Sars-CoV-2 an akutem Lungenversagen (ARDS) litt. Krebsmediziner Professor Dr. Andreas Neubauer sowie seine Kolleginnen und Kollegen berichten in der Fachzeitschrift Leukemia über den Behandlungserfolg. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte genehmigte eine klinische Studie, in der die Wissenschaftler den Einsatz von Ruxolitinib gegen von Covid-19 ausgelöstem Lungenversagen weiter untersuchen wollen.

Lungenversagen bei 5 Prozent der Patienten

Bei ungefähr 5 Prozent der Betroffenen verläuft die Erkrankung so schwer, dass es zu einem Lungenversagen kommen kann. »Die Sterblichkeit ist in diesen Fällen hoch«, sagt Dr. Thomas Wiesmann, der die Patientin gemeinsam mit dem Team der Intensivstation in der Klinik für Anästhesie und Intensivtherapie des Universitätsklinikums Marburg betreute. Die Patientin ist eine 65-jährige Frau ohne Vorerkrankungen, die wegen fortschreitender Atemnot und Fieber eingeliefert wurde. Ihre Atemnot verschlimmerte sich rapide, so dass sie drei Stunden nach der Einlieferung intubiert werden musste, um künstlich beatmet zu werden.

Ein Test bestätigte die Infektion mit Sars-CoV-2. Die Gesamtprognose der Patientin wurde aufgrund weiterer Organschädigungen als sehr schlecht eingeschätzt. Der Körper des Patienten wird mit Substanzen überschwemmt, die das Immunsystem stimulieren. Diese Überreaktion der körpereigenen Abwehr schädigt das Gewebe, und umso leichter verbreitet sich das eingedrungene Virus.

Neubauer vermutete, dass die Betroffene auf das Medikament Ruxolitinib ansprechen könnte, das ursprünglich aus der Krebstherapie stammt: Das Mittel hemmt Enzyme im Körper, die an überschießenden Entzündungsreaktionen beteiligt sind. Das Krebsmittel sollte lebensbedrohlichen Effekte abwenden, die eine entzündliche Schädigung des Lungengewebes mit sich bringt. Tatsächlich besserte sich der Zustand der Marburger Patientin, nachdem ihr Ruxolitinib verabreicht worden war. Das Behandlungsteam konstatierte eine klinische Stabilisierung sowie eine rasche Verbesserung von Atmung und Herzfunktion. Vom zehnten Tag ihres Klinikaufenthalts an konnte die Patientin schrittweise vom Beatmungsgerät entwöhnt werden.

Klinische Studie genehmigt

Das Marburger Team verabreichte das Krebsmedikament noch weiteren Patienten, um den schweren Krankheitsverlauf bei ihnen in den Griff zu bekommen. »Bei allen, denen das Mittel länger als eine Woche verabreicht worden ist, ist es am Ende gut geworden«, erklärt Neubauer. Aufgrund der Behandlungserfolge genehmigte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eine klinische Studie.

0
Kommentare | Kommentieren