Die Neuzugänge der Gießen 46ers im Porträt

David Bell

David Bell: Die Legende

Auf den vielleicht bekanntesten Neuzugang müssen die Fans der Gießen 46ers noch einige Zeit warten: Bis David Bell auf dem Parkett stehen kann, werden noch einige Tage vergehen, denn der Guard fällt mit einem gerissenen Brustmuskel vorerst aus.

Dass er BBL-tauglich ist, steht dagegen bereits fest: In seiner Zeit in Hagen hat sich der 37-Jährige so sehr in die Herzen der Fans der Feuervögel gespielt, dass der Traditionsverein sogar sein Trikot unter die Hallendecke zog und ihn zum Ehrenkapitän ernannte.

Der Kalifornier startete seine Profikarriere 2004 in der Schweiz, spielte danach unter anderem in Finnland, Frankreich und in kleineren US-Ligen, ehe ihn Ingo Freyer 2010 nach Hagen holte. Nach einem Jahr an der Volme ging Bell noch einmal in die Niederlande, kehrte aber nur eine Spielzeit später zurück zu den Feuervögeln. Fünf Jahre lang wirbelte das 1,86 Meter große Kraftpaket im Backcourt, war Saison für Saison einer der besten Punktesammler der Liga. Erst die Insolvenz der Hagener schickte ihn wieder in die Welt, wo er zunächst für den Champions-League-Teilnehmer aus Sassari spielte und an der Seite von Ex-46er Gabriel Olaseni das italienische Pokalfinale erreichte. In der vergangenen Saison lief Bell für Imola in der zweiten Liga auf, wo er auf 15,9 Punkte im Schnitt kam und so unter Beweis stellte, dass er sein Scorer-Gen auch im hohen Basketball-Alter noch nicht verloren hat.

»Auf dem Feld und abseits des Feldes ist er ein absoluter Profi. Ein Vorbild für alle, sowohl für junge als auch für erfahrene Spieler. Er ist eine Führungspersönlichkeit und ein Taktgeber – und ein Scorer«, beschreibt 46ers-Coach Ingo Freyer seinen Schützling und Weggefährten. »Wir haben eine gute Beziehung, weil wir schon lange erfolgreich zusammengearbeitet haben. Ich habe ihn weiterentwickelt, er hat aber auch meine Entwicklung verfolgt, weil er immer dabei war. Da ist sehr viel Respekt, und ich bin froh, dass er zu uns gekommen ist.« Wie zentral Bell für Freyer ist, zeigt auch, dass gleich mehrere Verpflichtungen im Kader auf die Spielweise des Guards ausgerichtet wurden: »Auch deswegen ist es schade, dass er die Verletzung hat.«

Trotz all seiner Erfahrung und seinem Typus: Als weiteren Co-Trainer sieht Freyer seinen Guard während seiner Verletzungspause aber nicht: »Genau so, wie er jetzt agiert, hat er vorher auch agiert. Ich habe ihn auch vorher schon oft nach seiner Meinung gefragt, und er war meistens anders involviert, weil er auch immer mein Kapitän war. Er muss aber jetzt auf sich gucken und sehen, dass er wieder fit wird, seine Hausaufgaben erledigen. Aber er ist bei jedem Training dabei, kennt die Spieler, das macht er sehr gut, auch von außen.«

Wie sich das Gesicht des Teams ändern wird, wenn Bell dazustoßen wird, ist derzeit noch kein Thema bei Freyer: »Das spielt jetzt noch gar keine Rolle, das ist noch zu weit weg. Ich denke jetzt an das erste Spiel gegen den MBC, dann kommt das zweite Spiel in Crailsheim und so weiter. Da verschwende ich jetzt noch keine Energie daran, wie es ist, wenn David wiederkommt.«

Sicher ist: Dann bekommen die 46ers einen Mann dazu, der weiß, wo der Korb hängt: 16,3 Punkte erzielte er im Schnitt in 175 BBL-Partien – ein Wert, der andere BBL-Legenden wie Oldenburgs Rickey Paulding (13,6 Zähler) oder seinen neuen Teamkollegen John Bryant (13,5 Punkte) in den Schatten stellt.

Bis er das auch für Gießen unter Beweis stellen kann, dürfte die Rückrunde ins Haus stehen. Doch wo andere Klubs dann ihre Nachverpflichtungen erst mühsam ins Spiel und das Sozialgefüge der Mannschaft integrieren müssen, haben die 46ers ihren Mann bereits im Team – das muss kein Nachteil sein.


(16.08.2018 - Foto: Kettner)  Bild 5 von 5