. Drei Männer im Alter zwischen 25 und 28 Jahren müssen sich aktuell wegen Raub, Bedrohung und Körperverletzung vor der zweiten Großen Strafkammer am Landgericht Gießen verantworten. Die drei Angeklagten sind dem Gericht bekannt, alle gehören der Gießen Drogenszene an und haben bereits etliche Vorstrafen in diesem Bereich vorzuweisen.
Die Tat soll sich in der Nacht zwischen dem 11. und 12. Dezember 2023 ereignet haben. Laut Anklage sollen die drei Angeklagten in das Zimmer des 22-jährigen Geschädigten eingedrungen sein, um von ihm Geld zu erpressen. Der Hauptangeklagte ist ein 25-jähriger, groß gewachsener Mann mit sportlich-stämmiger Figur. Er soll den Bewohner mit einem Messer bedroht und geschlagen haben. Als er kein Geld bekam, soll er eine Spielekonsole, ein Tablet und eine Jacke mitgenommen haben.
»Er war ganz wild, so habe ich ihn noch nie erlebt«
Die Angeklagten berichteten übereinstimmend, dass sie gemeinsam bei einer Bekannten in Wieseck den Abend verbracht und teilweise auch Alkohol getrunken hätten. Gegen 23 Uhr seien sie in Richtung Frankfurter Straße aufgebrochen. Dort hatte bis vor kurzem einer der Angeklagten, ein 28-Jähriger, gewohnt. Die drei wollten dort einen Fernseher, der diesem Mann gehört, abholen. Sie klingelten und gingen in ein Zimmer eines Bewohners, bei dem der Fernseher sein sollte. Der Hauptangeklagte sei plötzlich ins Nachbarzimmer gegangen. Soweit decken sich die Erzählungen, anschließend gibt es Unterschiede zwischen den Schilderungen des Hauptangeklagten, seiner Mitangeklagten und des Opfers.
Die beiden Mitangeklagten erzählten, dass sie merkwürdige Geräusche aus dem Nebenzimmer gehört hätten. Daraufhin sei der 28-jährige Mann in das andere Zimmer gegangen, um nachzusehen. Er habe gesehen, wie der Hauptangeklagte mindestens zehn Mal auf den Geschädigten eingeschlagen hätte und ihn mit einem Messer bedroht habe.
»Er war ganz wild. So habe ich ihn noch nie erlebt und ich kenne ihn seit mehr als zehn Jahren«, sagte er. Er habe versucht, die Sache zu deeskalieren, indem er sich neben den Geschädigten auf das Sofa setzte. Kurz darauf seien auch die beiden anderen (der andere Angeklagte und der andere WG-Bewohner) in das Zimmer gekommen. Der Hauptangeklagte habe 100 Euro gefordert. Als er das Geld nicht bekam, habe er im Zimmer nach Wertgegenständen gesucht, diese in einer Plastiktüte verstaut und mitgenommen. Anschließend sei man zu dritt noch in eine Spielothek gegangen. Dort, so berichtete ein anderer Zeuge, hätte der Hauptangeklagte die Spielkonsole zum Verkauf angeboten.
Mit kleinen Abweichungen bestätigte der zweite Angeklagte diese Schilderungen. Er sei erst später dazu gekommen und habe nichts mit dem Überfall zu tun. Der Hauptangeklagte ließ durch seinen Verteidiger Ramazan Schmidt eine Erklärung verlesen. Darin gibt er zu, dass er an dem Tag etwa ein Gramm Kokain konsumiert habe und bei dem Geschädigten Geld aus Haschkäufen für einen Dritten eintreiben wollte. Er bezifferte die Schuldenhöhe auf 250 Euro. Er gab auch zu, den Geschädigten ein oder zweimal geschlagen und bedroht zu haben. Er habe das Zimmer zwar nach Wertgegenständen durchsucht, aber nichts gefunden oder gar mitgenommen.
Haftbefehle aufgehoben
Der Geschädigte, ein 22-jähriger Auszubildender, kam mit seiner Sozialbetreuerin und sagte sichtlich nervös aus, denn auch er hat Bezug zur Szene. Auf Nachfrage gab er zu, dass er wegen eines Drogendelikts zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurde. »Ich stehe noch unter Bewährung«, sagte er. Bei erneuten Verwicklungen in Drogengeschäfte würde er alles verlieren, erklärte er glaubhaft. Er sagte, dass der Hauptangeklagte maskiert zu ihm gekommen sei, ihn bedroht, geschlagen und die Sachen weggenommen hätte. Allerdings berichtete er lediglich von einem Griff an den Hals und ein paar Schlägen und nicht von extensiven Schlägen. Der 22-Jährige bestritt vehement, irgendwelche Drogenschulden zu haben.
Aufgrund der Schilderungen stellte das Gericht fest, dass die beiden Mitangeklagten eine sehr untergeordnete Rolle bei dem Tathergang gehabt hätten. Daher wurden die Haftbefehle für sie aufgehoben. Der Prozess wird fortgesetzt.