. Die gemeine Frau interessiert sich auffällig stark für Verbrechen - das hat Mirja Boes kürzlich in einer Studie gelesen. Der häufigste genannte Grund: »Wir möchten auf den Ernstfall vorbereitet sein.« Für die aus vielen Fernsehformaten bekannte Boes ist damit auch endlich eine andere Frage beantwortet: »Jetzt kapiere ich auch, warum Männer so gerne Pornos gucken.«
Diese Erkenntnis teilte die Comedienne am Donnerstagabend in der Gießener Kongresshalle mit ihrem Publikum im Rahmen ihres aktuellen Bühnenprogramms »Arschbombe Olé«. Der Hintergrund: Ihr Partner schenkt ihr - wenn es nach ihr geht, eindeutig zu oft - »Zeit mit der Familie«. In diesem Fall bedeutete das einen Ausflug in einen Escape Room. Thema: Serienkiller. Während der Rest der Familie eifrig rätselte, schlief die Komikerin zwei Stunden lang. Am Ende schafften sie es übrigens nicht.
Partnerwellness und Partneryoga
Aber es folgten weitere Geschenke: Partnerwellness an der Autobahn, Partnermassage und schließlich Partneryoga. »Ich bin steif wie ein Brett. Ich hab bei Twister gegen den Kölner Dom verloren«, schimpfte die Gewinnerin des Amazon-Comedy-Hits »LOL: Last One Laughing« von 2024. Ihrem 54. Geburtstag im September blickt die Entertainerin mit einem mulmigen Gefühl entgegen. »Was kommt als Nächstes? Partnerkacken?«
Ähnlich persönlich ging es weiter. Boes sprach über einen Bandscheibenvorfall in der Halswirbelsäule, in dessen Folge ihr zur Linderung Tilidin verschrieben wurde: ein starkes Schmerzmittel, das in Deutschland unter das Betäubungsmittelgesetz fällt. Die Wirkung war heftig und blieb nicht ohne Folgen. »Ich war so beschwingt, ich hab an einem Wochenende 30 Pakete von Amazon bekommen. Ich hab mich tätowieren lassen - wir finden die Stelle nicht mehr.« Noch mehr Chaos herrscht im Jugendzimmer ihrer Söhne, wo inzwischen die Pubertät anklopft. Um sie durch diese Zeit zu begleiten, hat Mirja Boes ihnen ein Tagebuch geschrieben - als eine Art Orientierungshilfe. »Meine Stimme verändert sich. Das hängt wohl mit meinen Hormonen zusammen. Cool«, heißt es da. Oder: »Mama findet, dass ich weniger Widerworte geben sollte. Recht hat sie.«
Auch Mirjas Katze Kalli - oder genauer: Die Katze, der nicht nur Mirja, sondern gleich das ganze Haus gehört - besitzt selbstverständlich ein Tagebuch. In ihren Einträgen lässt sie keinen Zweifel daran, wie sie ihre Mitbewohnerin einschätzt: »Ich bin Kalli und ich hab jetzt eine Mirja. Sie ist sehr dumm. Sie tanzt immer, sie brabbelt, sie ruft gubbi gubbi gubbi, wenn sie mich sieht.« Boes las das mit trockener Selbstironie. Kalli verteilt Haare im Haus »einfach so, weil ich es kann«, und fährt auf dem Staubsaugerroboter durch die Gegend - »neulich bis nach Mexiko«. Besonders gern geht sie aufs Katzenklo, wenn Besuch da ist. »So bleibe ich im Gespräch.«
Mirja Boes kam nicht allein nach Gießen. Jeder Themenblock ihres Programms endete mit einem Lied, das das zuvor Gesagte noch einmal aufgriff - mal schräg, mal überraschend berührend. Die Band Honkey Donkeys, die dafür jedes Mal auf die Bühne tanzte, spielte nicht nur stark, sondern zeigte auch reichlich Talent für Slapstick. »Diese Band ist meine persönliche Helene Fischer. Vor jedem Lied müssen sie sich was Neues anziehen«, lachte das Multitalent der deutschen Comedy-Szene.
Tatsächlich wechselten die vier Musiker bei jedem Auftritt die Verkleidung - mit bewundernswertem Selbstbewusstsein. Mal standen sie als Matrosen auf der Bühne, dann mit überdimensionalen Katzenköpfen, als Schlagerstars mit Lockenperücke und Glitzerjacke oder als Schwiegermutters Lieblinge in Pullunder, kurzen Hosen und Kniestrümpfen. Das »mit Abstand unwürdigste Kostüm«, wie Boes süffisant anmerkte: als Viagrapille, Penis und Gummipuppe. Besonders eindrucksvoll zeigten sich die Honkey Donkeys nochmal, als Mirja Boes aus dem Rampenlicht trat und ihnen die Bühne überließ. Das Publikum wählte ein Lied, »Er gehört zu mir«, und die Musiker spielten den Schlagerhit von Marianne Rosenberg kurzerhand in den hereingerufenen Musikgenres: als Zwölftonstück, Kinderlied, Rap mit Breakdance-Einlage, Opernarie und zum Schluss als Metalversion mit Headbangen. Jeder Musiker trat dabei einmal ans Mikrofon, die Instrumente wurden durchgewechselt - und Gießen klatschte begeistert mit.
Schade nur, dass die Kongresshalle an diesem Abend nicht annähernd voll besetzt war - so viel Kreativität, Spielfreude und Spaß hätten mehr Zuschauer verdient gehabt.