12. Mai 2025, 17:27 Uhr

Unternehmen

Traditionsbetrieb in Gießen

Das Bestattungshaus Kümmel feiert 50-jähriges Jubiläum in Gießen.
12. Mai 2025, 17:27 Uhr
KG
Das Bestattungshaus Kümmel besticht durch eine große Auswahl an Särgen. Foto: Jung

Wieseck. »Ich habe meinem Tischlerei-Betrieb ein Bestattungsunternehmen für Erd- und Feuerbestattungen sowie Überführungen angegliedert.« So warb Schreinermeister Hans Kümmel vor 50 Jahren für das neue Bestattungshaus Kümmel, das in diesem Jahr ein halbes Jahrhundert vollendet. Damit legte er den Grundstein für das Unternehmen in der Turnstraße 19.

Begonnen hatte der Tischlerbetrieb schon 1832 durch Gründer Johann Eberhardt Kümmel. Urenkel Hans Kümmel führte das Unternehmen in vierter Generation und baute es in den Folgejahren entsprechend aus. Die Sarglieferung und die Einbettung Verstorbener gehörten schon immer zu den Aufgaben des Schreiners. Ausgelöst durch den Tod einer Nachbarin gliederte sich 1975 ein Bestattungsunternehmen an.

Nach dem plötzlichen Tod von Hans Kümmel 1983, im Alter von 62 Jahren, führte seine Ehefrau Gertrud gemeinsam mit Sohn Hans-Eberhard und dessen Frau Maria die Geschäfte weiter. Der Tischlermeister bildete sich noch im selben Jahr zum Fachgeprüften Bestatter fort und legte beim Bundesverband des deutschen Bestattungsgewerbes e. V. in Düsseldorf die Prüfung ab.

1988 übergab Gertrud Kümmel den Betrieb an ihren Sohn. Hans-Eberhard erweiterte in den nächsten Jahren kontinuierlich das Dienstleistungsangebot. Dann traten gesundheitliche Probleme auf und er entschloss sich schließlich, 1998, die Schreinerei an seinen damaligen Meister zu verpachten. Diese Geschäftsbeziehung endete 2008.

Sascha Kümmel steigt 2011 ein

Die Eheleute Hans-Eberhard und Maria Kümmel planten daraufhin die Renovierung der nun frei gewordenen Werkstatt- und Büroräume. Es entstanden ansprechende und zweckmäßige Geschäftsräume. 2011 trat in der sechsten Generation Sohn Sascha Kümmel in das Unternehmen ein und arbeitet damit als Bestatter in sechster Generation. Das war nicht immer sein Metier, denn er absolvierte eine Ausbildung zum Bankkaufmann. Das kommt ihm heute natürlich in vielen Dingen des Geschäftsbetriebes zugute. Er ist der einzige Sohn von Hans-Eberhard und Maria Kümmel und entschloss sich deshalb in den elterlichen Betrieb einzusteigen. Nach dem Tod seines Vaters im August 2022 übernahm er das Geschäft.

Eine Entscheidung, die er nicht bereut, wie er heute sagt. Seinen Beruf hat er zur Berufung gemacht, freut sich über Rückmeldungen von Menschen, die seine Mitarbeitenden und er betreuen. »Da kommen schon mal handgeschriebene Briefe«, erzählt er stolz. Mit Wertschätzung, Anerkennung und unglaublicher Dankbarkeit. Zur Unternehmensphilosophie im Hause Kümmel zählt, trotz des schweren Themas freundlich und höflich, aber auch tröstend die Aufgabe zu meistern.

Nicht nur beim Tod, auch schon zu Lebzeiten haben Interessierte die Möglichkeit, in die Turnstraße zu kommen. Sich beraten zu lassen, Vorsorge zu treffen und Dinge über das Sterben festzulegen. Nicht nur diese Menschen und Trauernde empfängt das Team um den jungen Unternehmer.

Auch Schulklassen sind häufig zu Gast, im Rahmen des Religionsunterrichts wird über den Tod gesprochen. Regelmäßige Besuche von jungen Menschen, die konfirmiert werden, zählen zum Angebot im Bestattungshaus Kümmel. Gerne gesehen sind auch Rettungssanitäter der Johanniter Unfallhilfe. Schnell ist der Besprechungsraum erweitert und so kommen auch Menschen gerne zum Krimifestival im Hause Kümmel. Sascha Kümmel macht es große Freude, einmal im Jahr Menschen, die Krimis mögen, zu empfangen und sie gut zu bewirten.

Er ist ein fröhlicher Mensch, zählt zur Wiesecker Burschenschaft und zur Faschingszeit sieht man ihn und seine Kollegen der »Aandorfer Domspatzen« auf den Bühnen in der Region. Mit viel Lust und guter Laune ist er dabei, pflegt auch die Kameradschaft. Verändert hat sich Geschäftsinhaber optisch, ganze 37 Kilo leichter ist er geworden. Aus eigenem Antrieb und mit viel Disziplin. Und darauf ist er stolz. Von seinem Vater hat er die Vespa übernommen, die er hegt und pflegt und gerne gemütlich in der Region damit umherfährt.

Zurück zu seiner Hauptaufgabe: In seinem Familienbetrieb lautet das Motto: »Gemeinsam schwere Wege gehen.« »Gerade jetzt im Frühjahr, wenn die Blumen wieder Farbe zeigen, tut es auch uns bei den Trauerfeiern gut, wenn wir etwas Frisches vor uns sehen«. Weg vom Dunklen ist auch der Trend beim Holz der Särge. Die werden allerdings im Bestattungshaus nicht mehr selbst angefertigt. Regionale Sargschreiner übernehmen das auf Auftrag von Kümmel, weil es nicht mehr zu bezahlen sei. Der Hauptlieferant sitzt in Wiesbaden, auch aus Bad Sooden werden Särge bezogen. »Alles hessische Betriebe« betont der Firmeninhaber.

In neun von zehn Fällen führt das Unternehmen heute Feuerbestattungen durch, die Gewohnheiten haben sich seit Corona geändert. Auch drei bis vier Seebestattungen im Jahr führt das Bestattungshaus durch. Alle Urnen sind mittlerweile aus Naturstoffen hergestellt und für die Baumbestattungen in den Wäldern und auf den Friedhöfen zugelassen. »Sie lösen sich allerdings nicht alle in Luft auf«, erläutert der Firmenchef. Keramik, Holz und Muschelkalk kommen als Materialien zum Einsatz.

Ehrenamt

Seit einigen Jahren engagiert sich Kümmel auch ehrenamtlich im Vorstand des hessischen Bestatterverbandes. Er erläutert seine Motivation: »Mit unserem Handwerk schaffen wir Werte. Trauernde Familien zu unterstützen und zu begleiten ist ein Dienst für unsere Gesellschaft.« Nach wie vor wird dies aber oft nicht gesehen - auch nicht seitens der Politik. Das möchte er aktiv ändern.

Einen Wunsch hat Sascha Kümmel im 50. Jahr des Bestehens seines Unternehmens: Einen Raum für die hygienische Versorgung der Verstorbenen auf dem Gießener Friedhof. Trauerfeiern im kleinen Rahmen finden in seinen Räumen statt. Ein Kreuz ist dort vorhanden. Einräumen muss Sascha Kümmel aber, dass es dort keine Orgel gibt.



0
Kommentare | Kommentieren

Bilder und Videos

  • Fassenachtszug in Giessen

  • Polizeirazzia im Frankfurter Bahnhofsviertel