. Der prägnante Titel des Benefizkonzerts in der Bonifatiuskirche stach ins Auge: »Toccata und Fuge - oder Fluch der Karibik? Ersteigere Dein Lieblingsstück!« Am Ende des Abends wurde zwar alles, was im Motto steckt, tatsächlich gespielt, gleichwohl gab es Überraschungen.
Ökumenische Zusammenarbeit
Lobenswert, dass die drei hauptamtlichen Gießener Kantoren - Michael Gilles, Marina Sagorski und Christoph Koerber - ihre ökumenische Zusammenarbeit für den guten Zweck intensivierten. So dient der Erlös des Konzerts dem Orgelprojekt in der Johanneskirche. Die Organisten hatten persönliche Favoriten zusammengestellt, die sie vorab in Kostproben präsentierten. Danach konnten die zahlreichen Besucher für Stücke spenden, die ihnen besonders gefielen und erhielten Gelegenheit, dabei ins Gespräch zu kommen. Schließlich spielten die Künstler zwölf Kompositionen komplett. So kamen 2260 Euro zusammen.
Das Auktionsangebot umfasste ein weites Spektrum vom 14. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Die Kantoren setzten bewusst Schwerpunkte und verzichteten darauf, möglichst viele Strömungen abzudecken. Zu erwarten war, dass sie einen Akzent auf Johann Sebastian Bach legten. Doch hatten sie auch breitenwirksame Filmmusik berücksichtigt. Sogar die Musik zur »Sendung mit der Maus« war darunter.
Zum runden Bild trug Moderator Norbert Kissel bei: In aller Kürze brachte er bei der Vorstellung der Werke Charakteristika auf den Punkt, profitierte dabei von seinem kirchenmusikalischen Hintergrund.
Das außergewöhnliche Konzert steckte voller Spannung. So wurde der Spendenzwischenstand auf die Leinwand projiziert, dies gab den Besuchern die Möglichkeit, bestimmte Stücke hochzutreiben. Bachs »Fuge« a-Moll BWV 543 etwa kletterte erst zum Schluss noch um einige Plätze nach oben und schaffte es in die Endauswahl. Am meisten wurde allerdings für das Hauptthema der »Star Wars«-Filme gespendet.
Den Kantoren gelang es schließlich, die übrig gebliebenen Kompositionen in eine stimmige Reihenfolge zu bringen. Perfekt passte zum Einstieg Dietrich Buxtehudes »Präludium« C-Dur, für Kissel »das norddeutsche Orgelstück schlechthin«. Koerber meisterte es an der Eule-Orgel makellos virtuos und mit entschiedenem Gestaltungswillen.
Zwei von Gilles gespielte Bach-Stücke loteten Extreme aus: weihevoll-ruhig das »Air« aus der Orchestersuite Nr.3, hochdramatisch die »Toccata« d-Moll. Zählen diese Kompositionen gewissermaßen zu den »Greatest Hits« der Musikgeschichte, so war mit Olivier Messiaens »Joie et clarté de Corps Glorieux« an diesem Abend nicht unbedingt zu rechnen - das vergeistigte, von bizarren Klangwirkungen Gebrauch machende Stück war am ausgefallensten.
Besonders beeindruckte Percy Fletchers »Festival Toccata«. Elegant schärfte Gilles in dem siebenminütigen Stück Kontraste und brachte die klangliche Brillanz vorzüglich zur Geltung. Danach bewies Marina Sagorski beim »Prélude« cis-Moll von Sergei Rachmaninow, dass sich dieses auf der Orgel ebenso kernig spielen lässt wie auf dem Klavier. Nicht fehlen durfte auch das atemberaubende, wieder von der Petruskantorin interpretierte »Toccata«-Finale aus der Sinfonie Nr. 5 von Charles Marie Widor. Bei der Zugabe agierten alle drei Künstler vereint.
Das gemeinschaftsstiftende Konzert ruft nach Wiederholung - dann vielleicht mit einem ganz anderen Programm.