26. April 2024, 17:50 Uhr

Diskussionsabend Forum Pankratius

Kant, sein Leitgedanke und der Glaube an Gott

Dr. Hans-Ulrich Hauschild und Dr. Michael Brand luden im Rahmen des Forums Pankratius zu einem Gesprächsabend über einen der größten Philosophen Deutschlands ein.
26. April 2024, 17:50 Uhr
BCZ
Hans-Ulrich Hauschild (links) und Michael Brand widmen sich im Forum Pankratius dem großen Denker aus Königsberg.

Der Geburtstag von Immanuel Kant jährte sich vor wenigen Tagen zum 300. Mal. Ein Grund für den Literaturwissenschaftler Dr. Hans-Ulrich Hauschild und Dr. Michael Brand, Pfarrer im Evangelischen Dekanat Gießen, im Rahmen des Forums Pankratius zu einem Gesprächsabend über einen der größten Philosophen Deutschlands einzuladen.

Im Zentrum der Betrachtung stand die Auseinandersetzung mit Kants wohl bekanntestem Satz, dem kategorische Imperativ: »Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.« Dieser Leitgedanke wurde von beiden Referenten wie von den Teilnehmern hinterfragt. Zudem gaben Hauschild und Brandt Einblicke in Leben, Philosophie und Gottesbild des Philosophen.

Kant wurde 1724 in Königsberg als viertes Kind eines Sattlermeisters geboren, beendete die Schule mit 16 Jahren und begann 1740 das Studium an der Universität. Als sein Vater 1746 starb, musste er nicht nur für sich, sondern auch für seine beiden jüngeren Geschwister sorgen. Für einige Jahre wurde er Privatlehrer, bis er 1754 als Privatdozent nach Königsberg zurückkehrte. Hauschild räumte in diesem Zusammenhang auch mit dem Vorurteil auf, dass Kant ein verknöcherter Typ gewesen sei. »Kant war ein geschätzter Privatdozent, ein geselliger Mensch und allseits beliebt in Königsberg.« Elf Jahre lang arbeitete er an seinem Hauptwerk »Kritik der reinen Vernunft, das 1781 erschien. Bis kurz vor seinem Tod sei er hellwach gewesen und habe an der Überarbeitung seiner Schriften gearbeitet.

Kant unterschied in seinen Schriften zwischen dem kategorischen und dem hypothetischen Imperativ, erklärte Brand. Der hypothetische Imperativ gelte nur für eine bestimmte Personengruppe in einer bestimmten Situation. Der kategorische Imperativ hingegen gelte immer für alle - ohne Ausnahme. Laut Brand ist der kategorische Imperativ eine Verfahrensregel. Er gibt vor, wie man sich in moralischen Situationen verhalten soll und diese Befolgung der moralischen Regel muss um ihrer selbst willen geschehen. Es darf keine anderen Motive geben. Als ein Beispiel dafür benennt Kant die Lüge. Doch genau bei diesem Beispiel stieß er laut Hauschild auch an die Grenzen seiner Maxime. Denn so richtig es sein mag, nicht zu lügen, genauso notwendig sei es in manchen Situationen zu lügen, um etwa jemanden vor dem Tod zu bewahren.

Nach den Kant’schen Maximen ging das jedoch nicht. Auf diesen Zwiespalt habe ihn bereits sein Zeitgenosse, der Schriftsteller und Politiker Benjamin Constant, 1776 hingewiesen. Kant habe geantwortet, dass man immer die Wahrheit sagen müsse, auch wenn das den sichereren Tod des Freundes zur Folge hätte. Eine Antwort, die damals weder den französischen Schriftsteller noch heute die Teilnehmer des Diskussionsabends zufriedenstellte.

Abschließend widmete sich Brand der Frage, ob Kant ein religiöser Mensch gewesen ist. Die Experten seien sich da nicht einig. Von seinem fünf Jahre jüngeren Philosophenkollegen Moses Mendelssohn wurde er schon zu Lebzeiten als »Alleszermalmer der Metaphysik«, bezeichnet. Zudem habe er mit kirchlichen Ritualen und Zeremonien nicht viel anfangen können. Kirchengesang etwa bezeichnete er als »Geplärre«. Auf der anderen Seite gehörten protestantische Geistliche zu seinen engsten Freunden. Zudem hat sich Kant intensiv mit philosophischer Theologie beschäftigt.

Der analytische Kant sagte nicht, dass es Gott nicht gäbe. Das sei durchaus möglich. Allerdings könnten die Menschen nicht beweisen, dass es ihn gibt, führte Brand aus. Das habe bei seinen Zeitgenossen viel Kritik hervorgerufen, denn Kant zeige damit, dass Menschen überhaupt nicht in der Lage seien, eine gehaltvolle Aussage über Gott zu machen. Damit gehöre Gott nicht in den Bereich der wissenschaftlichen, sondern in den der praktischen Vernunft.

Gott sei ein Postulat, eine notwendige Voraussetzung für Moral. »Moral führt unumgänglich zur Religion«. Brand schließt daraus, dass Kants Religion eine Vernunftreligion gewesen sei. Und Religionsgemeinschaften hätten nach Kant den alleinigen Zweck, den moralischen Prozess des Menschen zu unterstützen.

Allein diese Fragenstellungen zeigten, wie aktuell die Beschäftigung mit den Werken des Philosophen heute noch ist, wenn man seine Ideen und seine Sprache in die heutige Zeit transponiert. Den beiden Referenten gelang dies vorzüglich und entfachten bei vielen der Teilnehmer den Wunsch, sie näher mit dem großen Denker zu beschäftigen.



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