Die krisenbehaftete Stimmung in der hiesigen Wirtschaft hält unvermindert an. In der aktuellen IHK-Konjunkturumfrage zum Frühsommer dieses Jahres notierte der Konjunkturklimaindex bei 96,1 Punkten. Zum Jahresanfang belief er sich auf 94,8 Punkte. Damit liegt er nach wie vor unter der Zufriedenheitsschwelle von 100 Punkten. Bereits seit 2021 verharrt der Index unterhalb dieser Marke. Diese anhaltende Entwicklung verdeutlicht die tiefgreifenden Probleme der regionalen Wirtschaft.
Mehr als jedes zweite Unternehmen nennt die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen als ein Risiko für die Geschäftstätigkeit. Weitere Hemmnisse sind eine nachlassende Inlandsnachfrage (56 Prozent), hohe Energie- und Rohstoffpreise (47,9 Prozent) und der Fachkräftemangel (44 Prozent). »Wir befinden uns bereits im dritten Jahr der Rezession. Ohne grundlegende wirtschaftspolitische Reformen wird eine nachhaltige Wachstumsdynamik ausbleiben«, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Matthias Leder.
Auch mit dem anstehenden Wechsel der Regierung sind die Erwartungen verhalten. Nur 17 Prozent der Unternehmen rechnen mit einer besseren geschäftlichen Lage, rund 27 Prozent befürchten dagegen, dass sich die Lage verschlechtern wird. Die jüngste Befragung zum Konjunkturklimaindex wurde vom 25. März bis 9. April durchgeführt. Befragt wurden 868 Unternehmen im Landkreis Gießen (außer Biebertal und Wettenberg), im Vogelsbergkreis und im Wetteraukreis. Geantwortet haben 286 Unternehmen. Der IHK-Konjunkturklimaindex ist ein Mittelwert, der sich aus einer Lagebeurteilung der aktuellen wirtschaftlichen Situation und den Erwartungen an die zukünftige Geschäftslage zusammensetzt.
»Die Wirtschaft leidet seit Langem unter massiven Belastungen: Exorbitante Energiekosten, erdrückende Steuerabgaben, chronischer Fachkräftemangel und überbordende Bürokratie untergraben zunehmend die Existenzgrundlage zahlreicher Betriebe«, mahnt IHK-Präsident Rainer Schwarz. Die Mehrfachbelastung führe zu existenziellen Herausforderungen. Diese alarmierende Entwicklung spiegelt sich deutlich in den aktuellen Insolvenzstatistiken wider. Die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften stieg im ersten Quartal 2025 erneut an.
Durststrecke
Dass die Unternehmenssteuerreform zudem nicht vor 2028 zu erwarten sei, bedeute eine weitere Durststrecke für die Betriebe, erklärt Leder. »Noch vor der Sommerpause sollten entscheidende Grundlagen für einen wirksamen Bürokratieabbau, Erleichterungen für Investitionen, geringere Energiekosten sowie für eine Beschleunigung von Genehmigungs- und Planungsverfahren geschaffen werden.« Ein positives Signal sei die im Koalitionsvertrag vorgesehene degressive Abschreibung über drei Jahre von je 30 Prozent.
Insbesondere vor dem Hintergrund der US-Zollpolitik seien Maßnahmen zur Stärkung der Wirtschaft unerlässlich. »Die zunehmenden internationalen Konflikte und die auf Abschottung ausgerichtete Wirtschaftsstrategie der USA verschlimmern die bereits kritische Konjunktursituation in Deutschland«, so Leder.