17. April 2024, 18:24 Uhr

Fotoausstellung »Unissued Diplomas«

Diese Bilder an der Gießener Uni machen betroffen

Mit einer Fotoausstellung erinnert die Justus-Liebig-Universität an 40 im Krieg verstorbene ukrainische Studierende. »Unissued Diplomas« ist eine Initiative, die 2023 ins Leben gerufen wurde.
17. April 2024, 18:24 Uhr
HSCH
Auf der linken Seite die beiden Initiatorinnen Lidiia Shumska und Sofia Riabokon. Mariia Zatorska und Diana Makedon (rechts) kümmerten sich um die Organisation der Ausstellung. Fotos: Schultz

. Mit einer Fotoausstellung erinnert die Justus-Liebig-Universität an 40 im Krieg verstorbene ukrainische Studierende. Mit dem Projekt wird versucht, die Situation dieser zum Teil erschreckend jungen Menschen und die Lage der ukrainischen Jugend insgesamt zu beleuchten. Auch die Aussagen junger ukrainischer Studierender machten auf die Besucher einen tiefen Eindruck. Am Mittwoch war Eröffnung.

»Unissued Diplomas« ist eine Initiative, die 2023 ins Leben gerufen wurde (bisher 110 Ausstellungen in 24 Ländern weltweit), um das Andenken an die gefallenen und getöteten ukrainischen Studierenden zu ehren, und die Welt an den Preis zu erinnern, den die Menschen dort täglich in ihrem Kampf um die Freiheit zahlen. »Nie graduiert, für immer gewürdigt« lautet das Motto des Projekts.

Überaus jung

Macherinnen sind Sofia Riabokon und Lidiia Shumska (Initiatorinnen) sowie Mariia Zatorska und Diana Makedon (Organisation); sie sind Stipendiatinnen des Programms »Zukunft Ukraine« des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD). Blickt man auf die Fotos der Getöteten, fällt das teils überaus junge Alter auf: 17, 18 und 19 Jahre waren die jüngsten.

Sie hatten sich freiwillig gemeldet und ganz normale Berufsziele: Informatiker, Lehrerin, Mechaniker. Die jungen Leute bilden insgesamt einen wesentlichen Teil der Armee. Etwas betroffen blickten die zahlreichen studentischen Besucher auf die Bilder der Altersgenossen.

»Wir haben uns seit zwei Jahren intensiv bemüht, die Ereignisse adäquat aufzuarbeiten«, sagte Prof. Hans-Jürgen Bömelburg vom Gießener Zentrum Östliches Europa (GiZo) in seiner Begrüßung. Es habe eine Reihe von Versuchen gegeben, Studien abzuschließen. »Hinter allen Opfern stehen Menschen«, betonte er, »die Bilder machen die Brutalität des Krieges individuell greifbar.«

»Diese Helden sind gestorben, doch der Kampf geht weiter, für Freiheit und Würde«, sagte Sofia Riabokon, »sogar entfernt von der Front in zivilen Situationen gibt es Tote«. Sie habe auch Freunde unter den Opfern und warf die Frage auf, wie der Krieg die Jugend im Lande verändert habe. »Seien Sie eine Stimme für die Verstorbenen«, appellierte sie an die Zuhörer, auch in sozialen Medien aktiv zu sein.

Anschließend berichteten verschiedene ukrainische NGOs von ihrer Arbeit: Initiative »Escape reality (can we?)«, Perspektive Ukraine e.V. und Ukrainischer Verein Gießen e.V. Als emotionalen Ausgleich musizierte Anna Sonyk auf der Bandura diverse ukrainische Lieder. Aus der soziologischen Perspektive betrachteten Dr. Tetiana Kostiuchenko von der JLU-Partneruniversität National University of Kyiv-Mohyla Academy, Kyiv und ihr Kollege Prof. Andreas Langenohl, JLU, den Einfluss des Kriegs auf die ukrainische Jugend. Das hohe soziale Engagement der Jugend und der Wunsch nach Rückkehr waren zentrale Aspekte.

Online-Schalte zu Soldatin

Eine Online-Schaltung mit der ukrainischen Soldatin Kateryna Polishchuk gab einen ganz konkreten Kontakt. Sie arbeitet in der Logistik, bildet dafür Nachwuchs aus und studiert parallel dazu Geschichte. Sie berichtete eher Persönliches als Details zum Geschehen an der Front, das Publikum war deutlich beeindruckt. Stilistisch besitzt die im Detail gut gemachte Schau eine zurückhaltende, aber unübersehbare Prägnanz, die sich dem Betrachter mit leichter Verzögerung offenbart. Zu sehen ist die Ausstellung noch bis zum 23. April im Universitäts-Hauptgebäude im Ersten Stock.

Weitere Informationen gibt es unter www.unissueddiplomas.org.



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